Konzert der "Jewish Monkeys" vor dem Jüdischen Museum Frankfurt

Jahresrückblick 2024

Unsere Highlights aus dem Museumsjahr
Porträt von Korbinian Böck
12. Dezember 2024Korbinian Böck

Wir blicken auf ein ereignisreiches Museumsjahr zurück. In diesem Beitrag schildern Menschen aus unserem Team ihre ganz persönlichen Highlights aus 2024, ergänzt um Bilder und Aufzeichnungen unserer wichtigsten Eröffnungen und Veranstaltungen.

Architekturen des Überlebens

Die erste große Ausstellung dieses Jahres war die multimediale Schau „Natalia Romik. Architekturen des Überlebens“. Sie war eine Hommage an die ad hoc geschaffenen Verstecke von polnischen Jüdinnen und Juden während der Schoa und hatte sowohl einen künstlerischen als auch dokumentarischen Ansatz. 

Katja Janitschek, Kuratorin

Mein persönliches Highlight war die Eröffnung der Wechselausstellung "Architekturen des Überlebens" Natalia Romik. Es freute mich besonders, dass nicht nur die Künstlerin und der Kurator Kuba Szreder anwesend waren, sondern dass es auch viele unserer Kooperationspartnerinnen und -Partner aus polnischen Museen und Institutionen sich nicht nehmen ließen, zu unserer Vernissage nach Frankfurt zu reisen.

Mapping Memories und Abschluss von METAhub Frankfurt

Mit dem dritten Festival unter dem Titel "Mapping Memories" haben wir im März das mehrjährige Projekt METAhub Frankfurt zu einem (vorläufigen) Abschluss gebracht. METAhub war ein interdisziplinäres Kooperationsprojekt des Jüdischen Museums mit dem Archäologischen Museum Frankfurt und dem Künstler*innenhaus Mousonturm. Es verband zwei Orte, deren jüdische Geschichte aus dem heutigen Stadtraum gewaltsam verdrängt wurde: den Börneplatz und die Judengasse. Die Ergebnisse sind auf der Projektwebsite zu bestaunen.

Ein neuer Ort: der "Goldene Apfel"

Ein Ergebnis von METAhub und des dritten Mapping Memories-Festivals war die 'Entdeckung' eines historischen Gewölbekellers in der Straße An der Staufenmauer. Er liegt unter dem japanischen Supermarkt Iimori und wurde von dessen Betreiberin denkmalgerecht renoviert. Er gehörte zu einem Gebäude, das hier Anfang des 19. Jahrhunderts von einem wohlhabenden jüdischen Händler errichtet wurde, auf den Ruinen der kurze Zeit zuvor teilweise abgebranntnen Judengasse. In diesem Gwölbekeller zeigten wir zunächst eine Pop-Up-Ausstellung zur Frankfurter jüdischen Geschichte im 19. Jahrhundert, die wir im Laufe des Jahres noch weiter ausgebaut und im November neu eröffnet haben. Wenn Ihr Euch für die Zeit der jüdischen Emanzipation interessiert, solltet Ihr dem Goldenen Apfel unbedingt einen Besuch abstatten. Eines der Highlights dort: eine VR-Anwendung, mit der ihr in die untergegangene Judengasse eintauchen könnt. Hier erfahrt Ihr mehr.

Liane Giemsch, Kustodin für Archäologie am Jüdischen Museum und insbesondere im Projekt Immersive Jewish Frankfurt tätig

Mein Highlight 2024 war die Eröffnung der neuen Ausstellung im Goldenen Apfel. Mit der Organisation dieses abwechslungsreichen Tages mit zahlreichen unterschiedlichen Programmpunkten konnte ich mich als neue Mitarbeiterin erstmals in das Jüdische Museum mit einbringen und einen neuen Ort, den ich seit seiner ersten Stunde im METAhub-Projekt begleiten durfte, mit einführen. Gleich in meinen ersten Wochen habe ich so mit meinen vielen neuen Kolleginnen und Kollegen der unterschiedlichen Abteilungen, wie Haustechnik, Verwaltung, Sammlung & Ausstellung, Bildung & Vermittlung und Kommunikation ein tolles Projekt umsetzen können. Vielen Dank dafür an das ganze Team!

Mirjam Pressler: Schreiben ist Glück

Im April eröffneten wir eine Ausstellung über die preisgekrönte Kinder- und Jugendbuchautorin, Übersetzerin und Malerin Mirjam Pressler.

Talitha Breidenstein in der Mirjam Pressler-Ausstellung
Unsere Wissenschaftliche Volontärin Talitha Breidenstein in der Mirjam Pressler-Ausstellung

Als Wissenschaftliche Volontärin hat Talitha Breidenstein die Mirjam-Pressler-Ausstellung mit kuratiert:

"Für mich gab es in 2024 viele schöne Moment im Jüdischen Museum, die mir in Erinnerung geblieben sind. Für mich persönlich und für meine berufliche Entwicklung gab es zwei Highlights: die Eröffnung der Ausstellung 'Mirjam Pressler. Schreiben ist Glück' und der Kabinettausstellung 'Hin-/Zu-/An-Wendungen'. Beide Eröffnungsabende waren geprägt von der freudigen Begegnung von Frankfurter Bürger:innen mit dem Kultur- und Kunstprogramm unseres Museums. Die entspannte Atmosphäre und Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur, eingebettet durch inhaltlichen Input und musikalische Begleitung, waren für mich ein bezeichnender Ruhepunkt."

Die Aufzeichnung einer Onlineführung mit Talitha Breidenstein durch die Mirjam Pressler-Ausstellung findet Ihr auf YouTube

Zur Finissage spielten die Jewish Monkeys vor dem Jüdischen Museum ein wundervolles Konzert:

Konzert mit Wolf Biermann

Wolf Biermann mit Yves Kugelmann bei einer Veranstaltung des Jüdischen Museums Frankfurt
Wolf Biermann mit Yves Kugelmann bei einem Konzert mit Gespräch zum 100. Geburtstag von Arno Lustiger. Foto: Jens Gerber

Am 26. September hatten wir den bekannten Dichter und Liedermacher Wolf Biermann zu Gast für ein Konzert und Gespräch über seinen Freund Arno Lustiger. Anlass war der 100. Geburtstag des berühmten Historikers des jüdischen Widerstands, an den wir auch mit einer Onlineausstellung bei Google Arts & Culture und einer Vitrinenausstellung in unserer Bibliothek erinnern.

Dieses Konzert war für gleich zwei Menschen aus unserem Team ein besonderes Highlight. Unser stellvertretender Direktor Matthias Rau erinnert sich: 

"Ein besonderer Moment war für mich die Begegnung mit Wolf Biermann im Rahmen eines bewegenden Abends über Arno Lustiger. Für mich, der ich die 'friedliche Revolution' in meiner Jugend erleben durfte, hatte Wolf Biermann eine besondere Bedeutung. Wolf Biermann, der DDR-Dissident und Liedermacher, hat sein zeitloses Lied "Ermutigung" an diesem Abend im Jüdischen Museum zwar nicht gesungen. Ich hatte das "Lied meiner Jugend" dennoch im Ohr..."

Friedrich Tietjen bei der Moderation einer Veranstaltung für das Jüdische Museum Frankfurt
Friedrich Tietjen bei der Moderation des Abends zu Arno Lustiger

Und Friedrich Tietjen, Leiter unserer fotografischen Sammlung, der Bibliothek und des Archivs, schreibt: "Als Kind sah ich Fotos von Wolf Biermanns Konzert im November 1976. Danach beschloss das Politbüro der SED seine Ausweisung aus der DDR. Später lernte ich Lieder von ihm, las die Drahtharfe und seine teils harschen Kommentare. Und lernte bei unserem Konzert im September einen freundlichen, witzigen Mann kennen, als ich ihn und seine Frau Pamela im Hotel abholte. Das Konzert und sein Gespräch mit Yves Kugelmann über Arno Lustiger waren großartig; ein Wermutstropfen allein, dass es keine Aufnahme gibt davon. Vielen Dank, Wolf Biermann!"

Eva Atlan, stellvertretende Museumsdirektorin

Auch in 2024 wirkt die Trauer, die die Ereignisse des 7. Oktobers 2023 auslösten, nach und so hat mich die Buchvorstellung und Lesung "Gleichzeit" mit Ofer Waldman und Sasha Marianna Salzmann tief beeindruckt, da sie ein Spiegel der aktuellen Emotionen darstellten. Im Kontrast hierzu und Ausdruck dieser Gleichzeit(igkeit) haben mich unsere glücklichen Besucher zur Eröffnung unserer Ausstellung von „Mirjam Pressler. Schreiben ist Glück“ sehr erfreut. Ein sehr schönes Highlight war auch, dass zum 100-jährigen Jubiläum Franz Kafkas Illustrationen der Künstlerin Rosy Lilienfeld in einen bibliophilen Buch zusammen mit dem Text „Die Verwandlung“ erschienen sind.

Im Angesicht des Todes

Wer schon einmal in unseren Wechselausstellungsräumen war, wird sie aktuell nicht wiedererkennen. Hier zeigen wir seit November eine Ausstellung über jüdische Vorstellungen und Praktiken rund um Sterben, Tod und Trauer - die erste ihrer Art! 

Sara Soussan sitzt in der Ausstellung "Im Angesicht des Todes" im Jüdischen Museum Frankfurt
Sara Soussan in der von ihr kuratierten Ausstellung "Im Angesicht des Todes".

Sara Soussan ist eine der Kuratorinnen der Ausstellung. Kein Wunder also, dass die Eröffnung ihr ganz persönliches Highlight dieses Jahr war:

"Nach jahrelanger intensiver Beschäftigung mit dem Tod und den Vorbereitungen zur Ausstellung „Im Angesicht des Todes“, die bis Juli 2025 zu sehen ist, war die Ausstellungseröffnung mein ganz persönliches Highlight des Jahres. Wir haben uns bei der Konzeption und Umsetzung sehr viele Gedanken dazu gemacht, wie dieses manchmal etwas schwere Thema für das Publikum warm und ummantelnd präsentiert werden könnte. Es ist nun sehr schön zu sehen, wie die Objekte, Kunst, Architektur und Mitmach-Angebote eine Atmosphäre erzeugen, die die Besucherinnen und Besucher sowie die Presse positiv mit weiteren das Leben betreffenden Fragen entlässt. Denn letztendlich ist der Tod im Leben zu ergründen."

Großartiger Ankauf zum Jahresende

Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim: Sara führt Hagar Abraham zu
Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim: Sara führt Hagar Abraham zu (1832)

Kurz vor Ende des Jahres konnten wir einen großartigen Ankauf für unsere Kunstsammlung verkünden: Wir haben zwei Meisterwerke von Moritz Daniel Oppenheim (1800 – 1882) erworben. Er war der erste jüdische Maler der Neuzeit und ist eine Schlüsselfigur der jüdischen Kunstgeschichte. Die beiden Gemälde gehören zu einem dreiteiligen Zyklus zur biblischen Geschichte von Hagar, den Ihr ab sofort erstmalig bei uns zu sehen könnt.

Eines der beiden neu erworbenen Gemälde trägt den Titel "Sara führt Hagar Abraham zu“ (1832). Was sehen wir darauf? Der Geschichte zufolge schien die Ehe zwischen Abraham und seiner Frau Sara kinderlos zu bleiben. Daher schlägt Sara ihrem Ehemann vor, ihre Magd zur Geliebten zu nehmen, damit durch sie ein Nachkomme geboren wird. Diese Szene wird in dem Gemälde wiedergegeben. In dieser Pressemitteilung erfahrt Ihr mehr über dieses und das zweite angekaufte Oppenheim-Werk.

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