Foto von Kinderbüchern in der Bibliothek des Jüdischen Museums Frankfurt

Empfehlungen des Museumsteams

Bücher, Filme, Serien und mehr
Porträt von Korbinian Böck
15. Dezember 2020Korbinian Böck

Bereits im Frühjahr 2020 haben wir eine Social Media-Beitragsserie mit Medienempfehlungen aus dem Museumsteam gestartet: mit Filmen, Serien, Büchern, Musiktipps und mehr. Nun setzen wir diese Empfehlungen fort. Dieser Blogbeitrag wird damit laufend ergänzt.

Eine Kinderbuchempfehlung aus unserem Team Bildung & Vermittlung

Sophie Schmidt neben Buchcover von Eva Lezzi: »Die Großstadtdetektive – Wer schnappt den Dieb?
Sophie Schmidt aus unserem Team Bildung & Vermittlung empfiehlt das Kinderbuch „Die Großstadtdetektive. Wer schnappt den Dieb?“ von Eva Lezzi.

Seid Ihr auf der Suche nach einem schönen Kinderbuch? Hier eine Empfehlung von Sophie Schmidt aus unserem Team Bildung & Vermittlung: „Die Großstadtdetektive. Wer schnappt den Dieb?“ von Eva Lezzi.

Jona ärgert sich, dass er auf dem Weg zu seiner neuen Schule in Berlin, die Hand seines Vaters zu spät losgelassen hat. „Papa-Baby“ nennt ihn fortan sein neuer Sitznachbar Deniz. Als jedoch das Handy von Klassenkameradin Laura verschwindet, werden die beiden verdächtigt und das schweißt sie zusammen. Um den Verdacht los zu werden, begeben sie sich auf die Suche nach dem wahren Dieb. Laura, Irina und Max schließen sich an. Ihre detektivischen Nachforschungen haben Erfolg: Das Handy taucht wieder auf und die Spur führt sie zu einem Dieb, der nicht nur das Handy geklaut hat, sondern auch Schmuck…

Nebenbei und unaufdringlich sind die Kinder in Eva Lezzis Buch divers. Auch Vorurteile prallen aufeinander, aber letztlich lassen die Kinder sich nicht von ihnen leiten. Das Glossar hilft dabei, die türkischen, russischen, jiddischen und hebräischen Wörter zu verstehen.

Das neue Kinderbuch von Eva Lezzi, empfohlen ab 8 Jahre, finde ich großartig! Mit Spannung, Charme und Witz erleben wir, wie auf der Suche nach dem Handy-Dieb eine richtig gute Freundschaft zwischen fünf Kindern entsteht. Die gelungenen Illustrationen von Daniela Kohl erleichtern das Lesen und wer gar nicht lesen mag, kann es auch im Hörbuchverlag „DerDiwan“ hören.

Die Großstadtdetektive ist der Auftakt einer Reihe. Wir können uns also auf weitere Detektivgeschichten von Eva Lezzi freuen!
Eva Lezzi: »Die Großstadtdetektive – Wer schnappt den Dieb?«. Beltz & Gelberg, Weinheim 2024, 192 S., 14 €. Zur Verlagsseite

Frankfurt am Main und der Nationalsozialismus

Foto von Heike Drummer neben Buchcover von "Frankfurt am Main und der Nationalsozialismus"
Wer sich für die Geschichte Frankfurts im Nationalsozialismus interessiert, dem/der empfiehlt unsere Kollegin Heike Drummer diesen Sammelband.

Im Sommer 2024 erschien im Göttinger Wallstein Verlag der lange angekündigte Sammelband "Frankfurt am Main und der Nationalsozialismus. Herrschaft und Repression – Wirtschaft und Gesellschaft –Kultur und Gedächtnis" (hg. von Christoph Cornelißen und Sybille Steinbacher)

Mit der Publikation wollten die Herausgeber:innen auch eine Lücke schließen, denn schon länger lag für Frankfurt keine umfassende wissenschaftliche Darstellung der Jahre 1933 bis 1945 mehr vor. Unter Auswertung zahlreicher neuer Quellen und lokaler Forschungen untersuchen die Autor:innen der im Buch versammelten Beiträge, wie sich der Nationalsozialismus in den diversen Bereichen von Verwaltung, Politik und Alltag erschreckend schnell und „mit Erfolg“ in unserer Stadt durchsetzen konnte.

Erst kürzlich hatten wir Euch den von unserer Direktorin Mirjam Wenzel mitherausgegebenen Band "Das jüdische Frankfurt – von der NS-Zeit bis zur Gegenwart" ans Herz gelegt. Nun also folgt eine neue Geschichte lokaler Täterschaft. Warum sollte das Buch für das Jüdische Museum Frankfurt und seine wissenschaftlichen Schwerpunkte interessant sein?

Die Beiträge etwa zu Imagepolitik, NS-Funktionären, Verwaltungsstrukturen, Stadtplanung, Kultur, Widerstand, Fürsorge, Wirtschaft, politisch, rassistisch und antisemitisch motivierter Ausgrenzung und Verfolgung, Zweitem Weltkrieg und Erinnerung nach 1945 machen es deutlich, auch wenn deren Einzeltitel es nicht gleich erkennen lassen: mal mehr, mal weniger ging es dem Nationalsozialismus und seiner „völkischen“, republikfeindlichen Vorgeschichte um die Vernichtung des „jüdischen Frankfurt“. Diesem Thema widmet sich unsere Kollegin Heike Drummer, Kuratorin für Zeitgeschichte, in ihrem Aufsatz "`Stadt ohne Juden'. Shoah und Verleugnung der Geschichte".

Zur Publikation auf der Verlagswebsite

Kafkas "Verwandlung" mit Illustrationen von Rosy Lilienfeld

Buchcover der Neuauflage von Kafkas "Verwandlung" nebst Illustration von Rosy Lilienfeld
Buchcover der Neuauflage von Kafkas "Verwandlung" aus der Büchergilde nebst Illustration von Rosy Lilienfeld

Franz Kafka zählt zu den herausragendsten Vertreter:innen der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er ist bekannt für seine prägnanten, surrealen und oft verstörend anmutenden Erzählungen, die meist existenzielle Ängste sowie die Entfremdung des modernen Individuums thematisieren. Seine Werke, darunter „Amerika“, „Das Urteil“ oder „Der Prozess“, hatten tiefgreifenden Einfluss auf die Literatur und das Denken der Moderne. Seine Erzählung "Die Verwandlung" erschien nun exklusiv in der Büchergilde Gutenberg, illustriert mit Kohlezeichnungen der jüdischen Künstlerin Rosy Lilienfeld (1896-1942) und einem Nachwort unserer stellvertretenden Direktorin Dr. Eva Sabrina Atlan.

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.“ Viele von Ihnen werden diesen Satz kennen. In der berühmtesten Erzählung Kafkas erwacht Gregor Samsa eines Morgens nicht mehr als Mensch, sondern als hässliches „Ungeziefer“. Es ist die groteske Parabel einer stillen Revolte gegen die Unmenschlichkeit. In Tiergestalt hält Gregor Samsa der Welt den Spiegel vor. Ein schweigender Protestschrei, der am Ende ohnmächtig bleibt.

Die Künstlerin Rosy Lilienfeld, 1942 in Auschwitz ermordet, war lange Zeit vergessen. Nach langjährigen Forschungen haben wir sie erstmals 2022 im Rahmen unserer Wechselausstellung „Zurück ins Licht“ wieder einem größeren Publukum vorgestellt. Ihr expressionistisch-düsterer Stil fängt die beklemmende Lage Samsas ein und scheint geprägt von ihrer persönlichen Verfassung inmitten der gesellschaftlichen Umstände ihrer Zeit.

75 Leben: Eine Publikation von Maike Brüggen in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt

Unsere Kuratorin für Zeitgeschichte Heike Drummer stellt Euch das Buch „75 Leben“ vor.
Unsere Kuratorin für Zeitgeschichte Heike Drummer stellt Euch das Buch „75 Leben“ vor.

In 2023 feierte die Jüdische Gemeinde Frankfurt ihren 75. „Geburtstag“. Dieses durchaus von gemischten Gefühlen begleitete Ereignis würdigt die noch bis zum 26. Mai im Ignatz Bubis-Gemeindezentrum präsentierte Ausstellung AUF LEBEN sowie jetzt die von Maike Brüggen in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde herausgegebene Publikation 75 LEBEN, erschienen im Verlag Hentrich & Hentrich. Unsere Kuratorin für Zeitgeschichte Heike Drummer stellt Euch das Buch vor.

75 Leben – die Zahl im Titel der Publikation spielt sowohl auf das „runde“ Jubiläum 2023 an als auf die darin vorgestellten Biografien von 75 Persönlichkeiten, die in Frankfurt zur Welt gekommen waren, hier dauerhaft oder nur für einen gewissen Zeitraum wohnten. Alle Personen verbindet, dass sie ab 1933 als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden und Frankfurt nicht freiwillig verlassen hatten; entweder gelang ihnen die Flucht ins Ausland oder sie wurden gewaltsam verschleppt und ermordet. Nur sehr wenige Frauen, Männer und Kinder mit Bezug zur Stadt Frankfurt überlebten die Schoa.

Die Geschichten der Verfolgung von Jüdinnen und Juden zwischen 1933 bis 1945 sind für Frankfurt sehr gut erforscht. Dieser Befund verdankt sich größtenteils einem nichtjüdischen bürgerschaftlichen Engagement, genauer der Gründung privater Initiativen ab Ende der 1970er Jahre und spätestens nach dem Börneplatz-Konflikt 1987. Gewichtige Impulse für die Bearbeitung der Schoa gaben und geben das jährliche Besuchsprogramm der Stadt für ehemalige Frankfurter:innen und ihre Nachkommen, das von dem Projekt „Jüdisches Leben in Frankfurt“ begleitet wird, sowie die Forschungen unseres wie auch des Historischen Museums und des Instituts für Stadtgeschichte. Viele bereits vorliegenden wissenschaftlichen Studien wählten mit der Rekonstruktion von vergessenen Biografien einen emphatischen Zugang; so etwa der 2005 publizierte Ausstellungskatalog des Jüdischen Museums „Und keiner hat für uns Kaddisch gesagt …“ Deportationen aus Frankfurt am Main 1941 bis 1945, herausgegeben von Georg Heuberger, die beiden Räume „Zerstörte Leben“ unserer neuen Dauerausstellung im Rothschild-Palais, die Forschungen von Joachim C. Martini über Frankfurter vertriebene jüdische Musiker:innen und die Veröffentlichungen unserer verstorbenen Kollegin Monica Kingreen, 2023 erschien postum von ihr: Die Deportation der Juden aus Hessen 1940 bis 1945. Selbstzeugnisse, Fotos, Dokumente (aus dem Nachlass herausgegeben und bearbeitet von Volker Eichler). Diese Liste beschreibt nur eine sehr kleine Auswahl, zu der ab jetzt auch das Buch 75 Leben gehört. Was macht die Publikation besonders?

Da ist zum einen der bemerkenswerte „Ausgangspunkt“: die „Deportationskartei“, zufällig vorgefunden durch Marc Grünbaum vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt: „So entdeckte ich eines Tages im Empfangsbereich der Verwaltung in der Gemeinde metallene Ausziehschränke, wie man sie aus den Filmen der 1950er Jahre kennt – olivgrün, etwas vergilbt, mit Schrammen versehen – offensichtlich ein Relikt aus alten Zeiten. Die einzelnen Schubladen tragen die Buchstaben des Alphabets. Nach dem Buchstaben Z endet das Register jedoch nicht. Handschriftlich wurden zwei Schubladen mit dem Begriff ‚Deportationskartei‘ versehen. […] Für den überwiegenden Teil der in der Kartei enthaltenen Personen sind diese Karteikarten wahrscheinlich das Wenige, was von ihnen geblieben ist.“ (Marc Grünbaum, Grußwort, S. 08/09)

Herausgeberin Maike Brüggen erklärt in ihrer Einführung, dass die „lediglich“ 6.500 Karten umfassende Kartei ab 1945 auf Betreiben von Rabbiner Leopold Neuhaus nach dessen Befreiung aus Theresienstadt und Rückkehr nach Frankfurt angelegt worden sei und daher mit ihren wenigen Informationen über die verfolgten Personen „das Verbindungsstück von einer Zeit ‚davor‘ in eine Zeit ‚danach‘ (bildet)“. (Maike Brüggen, Einführung, S. 15) Die Autor:innen der 75 Leben haben aus der Kartei schließlich 49 Namen gewählt; die übrigen 26 entstammen anderen Kontexten. Auffällig ist, dass die Kartei nicht die wissenschaftlich ermittelte Zahl von etwa 10.000 verschleppten Menschen umfasst und sich auf Massendeportationen der Jahre 1941/1942 – mit Ausnahme des ursprünglich gar nicht vorgesehenen Zielortes Kowno (Kaunas) – beschränkt. Warum die Menschen, die in den Jahren danach verschleppt wurden, in ihr nicht erwähnt werden, scheint unbekannt zu sein. Dem nachzugehen könnte für zukünftige historische Forschungen interessant sein.

„Schwarze Buchstaben zu schwarzen Buchstaben“ überschreibt die Frankfurter Rabbinerin Elisa Klapheck ihren einfühlsamen Essay, in dem sie sich unter anderen anhand einer der überlieferten Karteikarten auf die Spuren ihrer Urgroßmutter Charlotte Lang, geb. Weil, begibt; sie wurde am 18. August 1942 mit der siebten Massendeportation aus Frankfurt nach Theresienstadt verschleppt und dort am 5. Oktober 1943 im Alter von 74 Jahren ermordet.

Es folgt die Schilderung der 75 Leben, die in ihrer Auswahl einen Querschnitt der Gesellschaft abbilden: alte und junge, wohlhabende und ärmere, heterosexuelle und queere Menschen, Künstler:innen, Intellektuelle, Kaufleute und Handwerker, in der Schoa ermordete Personen und Überlebende. Die Texte haben unterschiedliche Längen, auch der Gehalt der biografischen Informationen variiert je nach Quellenlage. Angeordnet sind die Lebensgeschichten in übersichtlicher und chronologischer Folge nach den Geburtsjahren. Autorin Maike Brüggen widmet sich mit Alphonse Feibelmann der ältesten Persönlichkeit, geboren 1859 und ermordet 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt (S. 36-39), und Alexander Zinn beschließt das Buch mit Henny Schermann, geboren 1912 und ermordet 1942 vermutlich in der Mordanstalt Bernburg/Saale (S. 374-377). Kinder und Jugendliche wurden nicht aufgenommen. Den Texten vorangestellt ist jeweils auf schwarzem Hintergrund als Abbildung die zugehörige Karte aus der „Deportationskartei“ – so vorhanden; sonst entschieden sich die Autor:innen für andere Dokumente oder auch Fotografien etwa bei Emigrant:innen oder Verfolgten, die eines natürlichen Todes in Frankfurt starben, wie Isaac Wilhelm Epstein, Pionier im Bereich der Volksbildung (Ira Haller, S. 40-44). Jede Kurzbiografie ist mit einem Quellen- und Literaturnachweis versehen, was interessierte Leser:innen zu vertiefenden Recherchen einlädt.

Das Buch besticht durch eine dem bis heute verstörenden Thema der Frankfurter Stadtgeschichte sehr angemessene Gestaltung aus dem „Bureau069“ und durch neue Recherchen zu den Biografien von bislang weithin unbekannten Frauen und Männern. Am interessantesten aber ist der „Ausgangspunkt“ des Buchprojekts selbst: die „Deportationskartei“. Am Schluss ihres Beitrags stellt Elisa Klapheck sich selbst und uns die Frage, ob die „Deportationskartei“ in Zukunft ausgebaut werden könnte zu „einem Archiv der deportierten Jüdinnen und Juden Frankfurts“? (Elisas Klapheck, Schwarze Buchstaben zu schwarzen Buchstaben, S. 31) Ein sehr guter und anregender Gedanke, dem wir uns gerne annehmen.


Maike Brüggen (Hrsg.)
75 Leben.
Leipzig: Hentrich & Hentrich 2024
390 S., 23,00 Euro

„Der Schmelztiegel“ – Spezialitäten aus Israel

von Tami Lehman-Wilzig und Miriam Blum
Unsere FSJ-lerin Rana Rakha empfiehlt das Kochbuch „Der Schmelztiegel“ von Tami Lehman-Wilzig und Miriam Blum.

Eine Kochbuch-Empfehlung von Rana Rakha, die sich seit Mitte September 2023 im Rahmen des Freiwilligendienstes Kultur und Bildung 2023/2024 im Jüdischen Museum engagiert.

„Das Kochbuch „Der Schmelztiegel“ ist eine erwähnenswerte Zusammenstellung einer Kollektion von Rezepten, die die unglaubliche Bandbreite der internationalen Küche vor Augen führt. Mit einer Vielzahl an kunterbunten und exotischen Gerichten, besonders geeignet für Hobbyköch:innen, wird eine geschmacksintensive Reise ermöglicht, bei der die sich in der israelischen Küche wiederfindenden Nationen im Schmelztiegel miteinander verschmelzen. Sei es ein simples Rezept, wie der als typisch geltende „israelische Salat“ oder auch Gerichte mit dem Ursprung anderer Nationen, wie der „marokkanische Paprikafisch“ aus Marokko oder das „ungarische Fleischgulasch“, ein aus Ungarn stammendes Gericht – klar und deutlich wird hierbei, dass wir nicht umsonst von einer Weltküche sprechen. Mein persönlicher Favorit sind die „gefüllten Weinblätter“, die von griechischen, türkischen sowie libanesischen Eingewanderten in den unterschiedlichsten Varianten herausgebracht worden sind. Die benutzerfreundliche Strukturiertheit und simple Zubereitung der Gerichte, wie die des „Jaffa Orangenhuhns“ oder die der „orientalischen Knochensuppe“, die zunächst nach aufwendiger und komplexer Zubereitung klingen mögen, sind selbst für die unerfahrenen Köchinnen und Köche unter uns nachvollziehbar und schnell zubereitet. Was „Der Schmelztiegel“ von Tami Lehman-Wilzig und Miriam Blum wirklich herausragen lässt und damit auch das nennenswerteste Attribut dieses Rezeptbuches darstellt, ist die Art und Weise der Erzählung hinter den Gerichten. Die Rezepte werden von interessantem Hintergrundwissen bezüglich des Ursprungs der Gerichte begleitet, wodurch ein tieferes Verständnis für die kulturellen Einflüsse sowie die Bedeutung der einzelnen Speisen vermittelt wird. Daher empfehle ich es an all diejenigen weiter, die nach neuer Inspiration suchen und Simplizität in der Küche bevorzugen, dennoch nicht auf kulinarische Vielseitigkeit und auf ein geschmackvolles Erlebnis verzichten möchten. Das Kochbuch findet Ihr in unserer schönen Museumsbibliothek.“

 

Ein Buch für Tierfreund:innen

Korbinian Böck neben Buchcover
Ein Muss für alle Tierfreund:innen und damit auch unseren Onlineredakteur Korbinian Böck: Erna Pinners Buch "Curious Creatures".

Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt die Naueuflage von Erna Pinners Buch "Curious Creatures":

"Erna Pinner  (1890 Frankfurt a.M. – 1987 London) ist eine von vier Künstlerinnen, die wir in unserer aktuellen Ausstellung "Zurück ins Licht" vorstellen. Sie floh 1935 vor den Nationalsozialisten ins englische Exil und begann dort eine zwei Karriere als beschreibende Naturwissenschaftlerin. In ihrem Buch, zuerst 1951 auf Englisch erschienen, stellt sie allerlei seltsame Geschöpfe der Tierwelte vor: Sie erzählt von Vierfüßlern, die fliegen, von tierischer Camouflage und Insekten mit sonderbaren Körperformen und Lebensgewohnheiten. Höchst lehrreich plaudert sie etwa über den lustig anzusehenden Schlammspringer, eigentlich ein Fisch, der in den Mangrovensümpfen des tropischen Afrika seine Zeit zwischen Wasser und Land gleichmäßig aufteilt. Oder die Dosenschildkröte, ebenfalls eine Grenzgängerin zwischen Land und Meer.

Kurzweilig und leichtfüßig vermittelt die Autorin ihr Wissen und ihr eigenes Staunen vor der Natur. Ihre einzigartigen Zeichnungen balancieren zwischen Natur und Kunst, anatomischer Genauigkeit und ästhetischer Darstellung. Ein Muss für alle Tierfreund:innen!"

Die Neuaflage erschien im Herbst 2022 im Weidle Verlag. Ihr bekommt es u.a. in der Literaturhandlung im Jüdischen Museum oder in deren Onlineshop.

"Mama, darf ich das Deutschlandlied singen": Politische Texte von Esther Dischereit

Rvika Kibel, Leiterin der Museumskommunikation, empfiehlt mit "Mama, darf ich das Deutschlandlied singen" (2020) die politischen Texte Esther Dischereits.
Rvika Kibel, Leiterin der Museumskommunikation, empfiehlt mit "Mama, darf ich das Deutschlandlied singen" (2020) die politischen Texte Esther Dischereits.

Rivka Kibel, Leiterin der Museumskommunikation, empfiehlt die politischen Texte Esther Dischereits.

Als „die Schriftsetzerin des kollektiven Gedächtnisses“ bezeichnete sie das jüdische Kulturmagazin „Nu“ aus Wien, und der Suhrkamp-Verlag nannte sie „die wichtigste deutsch-jüdische Autorin der Nach-Schoa-Generation“ – Esther Dischereit selbst sind solche Superlative fremd. Sie, die 1952 in Heppenheim als Tochter einer jüdischen Mutter und eines nichtjüdischen Vaters Geborene, sieht sich – ganz bescheiden – als Chronistin und als Lyrikerin. Das Schreiben, so hat sie einmal gesagt, „hat für mich mit der etwas kitschigen Suche nach Wahrheit zu tun.“ Und ihren Lesern gibt sie eine Gebrauchsanweisung für den Umgang mit ihren Texten mit: „Die geschriebenen Worte haben meinen Körper verlassen. Sie floaten – Sie können sie hören oder lesen oder nicht.“

Vor zwei Jahren hat der Mandelbaum-Verlag eine Anthologie mit Essays von Esther Dischereit herausgebracht. Auf den etwas mehr als 200 Seiten stehen, wie in einem Tagebuch, Alltagsbeobachtungen neben Interviews, Gedichte neben Gedankensplittern, Selbstreflexionen neben Plädoyers für mehr Menschlichkeit im Umgang miteinander.

Der Titel „Mama, darf ich das Deutschlandlied singen (NB: ohne Fragezeichen!). Politische Texte“ gibt die Richtung vor. Denn was die scheinbaren Textsolitäre miteinander verbindet, ist das Jüdischsein ihrer Autorin, das ewige Ringen um ihre eigene Identität und die ihrer Familie – und ihre unerschütterliche Überzeugung, dass sich irgendwo tief drin in dieser zerrissenen, schizophrenen und nicht selten verlogenen deutschen Gesellschaft doch so etwas wie ein Gewissen finden lassen müsse.

Die 18 Texte, die das Buch versammelt, bauen nicht aufeinander auf. Sie haben keine erkennbare Dramaturgie. Aber sie wirken – jeder für sich und alle zusammen. Was Dischereit in ihren Essays skizziert – mal anekdotisch, mal analysierend, mal assoziativ –, ist ein Sittengemälde Deutschlands und der Welt vor und nach der Wiedervereinigung. Erst mit mehr als 30 Jahren hat sie sich, die Spätberufene, die viele Jahre in Diensten der Gewerkschaft stand, in die Publizistik und Schriftstellerei gewagt. Welch’ ein Glück!

Esther Dischereit, „Mama, darf ich das Deutschlandlied singen. Politische Texte“
mandelbaum verlag, ISBN 978-3-85476-873, 19 Euro

 

"Völlig meschugge?!" – ein Comic zum Ins-Gespräch-Kommen

Sophie Schmidt, unsere Mitarbeiterin für historisch-politische Bildung, empfiehlt den Comic "Völlig Meschugge?!"
Sophie Schmidt, unsere Mitarbeiterin für historisch-politische Bildung, empfiehlt den Comic "Völlig meschugge?!"

„Völlig meschugge?!“ heißt der Comic von Andreas Steinhöfel und Melanie Garanin. Er spielt in der Gegenwart in einer unbestimmten Kleinstadt und handelt von der Freundschaft zwischen Benny, einem jüdischen Jungen, Hamid, einem aus Syrien geflüchteten muslimischen Jungen, und Charly, einer jungen Umweltaktivistin. Das klingt nach brisanten aktuellen Themen, und so geht es um Antisemitismus, Rassismus, Mobbing und Gewalt.

Die Freundschaft der drei Zwölfjährigen wird auf die Probe gestellt, als Benny einen Davidstern von seinem Opa geschenkt bekommt und ihn öffentlich trägt. Hamid reproduziert israelbezogene antijüdische Ressentiments und andere Jugendliche äußern sich ebenfalls antisemitisch. Es kommt zu Ausgrenzung und Gewalt gegen Benny. Auch Hamid bleibt nicht verschont. Er erlebt rassistische Anfeindungen von Gleichaltrigen aufgrund seiner Herkunft, wird drangsaliert und, obwohl unschuldig, verdächtigt, Handys an der Schule geklaut zu haben. Charly, die Umweltschützerin mit gelben Gummistiefeln, ist die Erzählerin. Sie kommentiert, ordnet die Geschehnisse ein und tritt mitunter in direkten Kontakt mit den Lesenden. Um die beiden Freunde wieder zusammen zu bringen, setzt sie allerhand in Bewegung.

Der Hauptplot wird von zahlreichen Nebenhandlungen flankiert, sie drehen sich zum Beispiel um den Umgang mit dem Jüdischsein in Bennys Familie, das Tragen eines Kopftuchs als muslimischer Brauch oder Charlys Planungen einer Demonstration für Umweltschutz. Stets sind diverse Perspektiven eingeflochten. Diese Vielschichtigkeit und Multiperspektivität ist die Stärke des Comics und zeigt sich auch in der Seitenarchitektur und den Zeichnungen: Der Seitenaufbau wechselt stetig und es gibt metafiktionale Einschübe im Manga-Stil.

Der Comic bietet zahlreiche Gesprächsanlässe: Literatur, die von Vorurteilen handelt, steht vor der Herausforderung, diese dabei nicht zu perpetuieren. Fragwürdig ist in dieser Hinsicht, dass Benny, der jüdische Junge, als besonders schlauer Überflieger dargestellt und Hamid als „das arme Flüchtlingskind“ bezeichnet wird. Gesprächsstoff bietet auch die Darstellung der Lehrkräfte, die überfordert sind mit den antisemitischen Anfeindungen gegen Benny. Ein Lehrer unterstellt ihm, dass das Tragen des Davidsterns eine Provokation sei. Das Kollegium beschließt als pädagogische Antwort, mit den Schüler*innen in eine KZ-Gedenkstätte zu fahren. Die Kapitelüberschriften bestehen aus jiddischen Begriffen, die Eingang ins Deutsche gefunden haben. Ein Hinweis auf die lange deutsch-jüdische Geschichte.

Dem Comic ging eine gleichnamige Fernsehserie voraus, die im April 2022 bei Kika ausgestrahlt wurde. Anders als im Comic wird hier die Geschichte aus der Perspektive von Hamid erzählt. In einem Interview im Deutschlandfunk beschrieb Andreas Steinhöfel, dass der Plot für die Fernsehserie abgemildert werden musste. Möglicherweise ist der Comic jetzt das Medium, in dem er die Geschichte so erzählt, wie er sie erzählen wollte.

Auch wenn im Comic die diversen Sichtweisen und vielen Nebenhandlungen herausfordernd für den Lesefluss sind und die Erzählerin Charly, bisweilen pädagogisch bemüht, die Perspektive der moralisch aufrechten Vertreterin der gebildeten Mittelschicht verkörpert, ist er kurzweilig und sehr lesenswert – auch für die Schule.

Neuer Frankfurt-Krimi von Michel Bergmann

Antje THul neben Buchcover von
Antje Thul aus unserem Vermittlungsteam empfiehlt Michel Bergmanns Frankfurt-Krimi "Du sollst nicht morden".

Spannenden Lesestoff gefällig? Antje Thul aus unserem Vermittlungsteam empfiehlt Michel Bergmanns Auftakt zur neuen Frankfurt-Krimireihe "Der Rabbi und der Kommissar".

"Der mit einer großen Portion Humor und Selbstironie ausgestattete Henry Silberbaum ist kein Rabbi, wie er im Buche steht. In Polohemd und auf dem Rennrad nimmt er sich den kleinen und großen Sorgen seiner Schüler*innen und denen der Bewohner*innen des Jüdischen Seniorenstifs an. Als ausgewiesener Fan von Kriminalromanen wird er skeptisch, als eine alte Dame dort plötzlich stirbt, eine Millionärin, die eigentlich plante, ihren zehn Jahre jüngeren Ehemann zu verlassen, um zu ihrer Tochter nach Israel auszuwandern. Sein Verdacht erhärtet sich, als er entdeckt, dass die Banane auf dem Nachttisch der Toten auf einem Teller liegt, der in einem koscheren Haushalt eigentlich für Fleisch vorgesehen ist. Silberbaum ist sich sicher: Der orthodoxen Jüdin wäre das nicht passiert!

Als Sidekick zu dem lebenslustigen Rabbi Silberbaum stellt der Autor Michel Bergmann ihm den missgelaunten Kommissar Berking zur Seite. Im Laufe der Geschichte freundet sich das ungleiche Paar an und schafft es so, gemeinsam ihren ersten Fall zu ermitteln.

Bereits im Oktober 2021 hat der Autor Michel Bergmann diesen kurzweiligen und unterhaltsamen Krimi bei uns im Jüdischen Museum vorgestellt. Der Drehbuchautor und nun auch Kriminalschriftsteller Bergmann, der seine Jugendjahre in Frankfurt verbracht hat, lebt heute in Berlin. Der Schauplatz des Auftaktes der neuen Reihe "Der Rabbi und der Kommissar" mit dem Titel "Du sollst nicht morden" ist Frankfurt. Neben diesem Lokalkolorit, das ortskundige Leser*innen freuen dürfte, wartet das Buch auch mit einem recht umfangreichen Glossar zu den im Buch vorkommenden jiddischen Worten und Ausdrücken auf."

Das Buch erhaltet Ihr bspw. bei der Literaturhandlung, die auch einen Shop bei uns im Jüdischen Museum hat.

Türkische Netflix-Serie über Juden in Istanbul

Unsere Direktorin Mirjam Wenzel empfiehlt die türkische Netflix-Serie "The Club".

Unsere Direktorin Mirjam Wenzel empfiehlt die türkische Netflix-Serie "The Club":

„Seit geraumer Zeit macht auf Netflix die zehnteilige Serie „The Club“ Furore, die in der Türkei unter dem Titel „Kulüp“ produziert wurde. In ihrem Zentrum steht Mathilda Aseo, eine sephardische Jüdin aus Istanbul, die in den 1950er Jahren im Rahmen einer Generalamnestie aus dem Gefängnis entlassen wird. Dort hat sie eine Tochter zur Welt gebracht, die den Namen Rasel erhält und im Waisenhaus aufwächst. Die Serie erzählt von der schwierigen Beziehung zwischen Tochter und Mutter, die ein Geheimnis trennt und zugleich verbindet: die erste leidenschaftliche Liebe.

Mathilda möchte ihre Tochter vor der Enttäuschung bewahren, die sie selbst erfahren hat und ihr zugleich diese Geschichte nicht verraten. Denn sie hat ihre Jugendliebe, den Vater von Rasel, erschossen. Dass sie sich mit dem Mord für einen Verrat rächte, der für ihren eigenen Vater die Verschleppung ins Arbeitslager und damit den Tod bedeutete, erfahren die Zuschauer*innen erst im Verlauf der Serie, die damit en passant auch einen Einblick in die Geschichte von türkischen Jüdinnen und Juden während des Zweiten Weltkriegs gibt.

Kulüp lenkt das Augenmerk nicht auf die hierzulande weitaus bekanntere Geschichte deutsch-jüdischer Emigrant*innen in der Türkei. Im Zentrum der Serie steht vielmehr die sephardische Community von Istanbul, die Ladino spricht und im Verlauf der Jahre immer weniger wird, weil sie sich einer zunehmenden Bedrohung durch den türkischen Nationalismus ausgesetzt sieht. Dass diese Bedrohung auch andere Communities trifft, zeichnet diese Serie nach, indem sie einen Nachtclub im Istanbuler Viertel Beyoğlu zum zentralen Ort der Handlung wählt. Der Besitzer dieser Einrichtung, der namengebende Kulüp / The Club, hat einen griechischen Familienhintergrund und sein Star präsentiert allabendlich eine queere Performance, die nicht als solche wahrgenommen werden darf.

Neben der spannungsreichen Beziehungsgeschichte zwischen Mutter und Tochter und dem unaufgeregten Einblick in das Leben der sephardischen Community, entfaltet die Serie auch eine historische Erzählung zum Konflikt zwischen homogenen Nationalvorstellungen und kultureller Diversität in der Metropole Istanbul – lange vor den Gezi-Park Protesten 2013.“

Zum Trailer der Serie

Ein Klassiker: Jurek Beckers Roman "Jakob der Lügner"

Unsere Freie Mitarbeiterin Sara Nasraty empfiehlt Jurek Beckers "Jakob der Lügner".
Unsere Freie Mitarbeiterin Sara Nasraty empfiehlt Jurek Beckers "Jakob der Lügner".

Das Erinnern wagen: In Jurek Beckers tragikomischen Roman Jakob der Lügner (1969) nimmt ein namenloser Erzähler, unter Zuhilfenahme von viel Alkohol, all seinen Mut zusammen, um über die schicksalhafte Geschichte des Juden Jakob Heym zu berichten, der in einem polnischen Ghetto des Jahres 1944 zum hoffnungsspendenden Lügner wird. Eine Empfehlung unserer Freien Mitarbeiterin Sara Nasraty.

Als Jakob Heym auf dem Weg nach Hause vom Scheinwerferlicht des Kontrollturms erfasst wird, ist es bereits stockdunkel. Ihm wird vorgeworfen, sich der Ausgangssperre nach 20 Uhr widersetzt zu haben – ein Vorwurf, den er nicht widerlegen kann: Ihm und allen anderen Juden wurden längst die Uhren abgenommen. So muss sich Jakob auf das Revier begeben und um „gerechte Strafe bitten“. Noch kein Jude hat dieses Revier lebend wieder verlassen.

Die Radiomeldung, die Jakob dort in Todesangst vernimmt, ist nicht für seine Ohren bestimmt, hat jedoch drastische Auswirkungen auf sein Leben: „In einer erbitterten Abwehrschlacht gelang es unseren heldenhaft kämpfenden Truppen, den bolschewistischen Angriff zwanzig Kilometer vor Bezanika zum Stehen zu bringen.“ Kaum zu glauben, dass die Rote Armee schon so nah ist! Jakob, der von einem schläfrigen Wachhabenden einfach nach Hause geschickt wird, behält diese Neuigkeit für sich – niemand würde ihm glauben, dass er lebend aus dem Revier gekommen ist. Noch schlimmer: Man könnte ihn für einen Spitzel halten.

Als Jakob jedoch einem verzweifelten Leidensgenossen von der hoffnungsvollen Radiomeldung erzählt, um ihn vor sich selbst zu retten, nimmt das Geschehen seinen Lauf und aus seiner Notlüge, er besitze ein Radio – ein Besitz, auf dem im Ghetto die Todesstrafe steht – spinnt sich schließlich ein ganzes Netz aus Lügen. Um seinen Mitmenschen, insbesondere dem kecken Waisenkind Lina, neuen Lebensmut zu schenken, erfindet Jakob zahlreiche, trostspendende Radiomeldungen – mit verheerenden Folgen.

Der Erzähler bietet zwei verschiedene Enden an: Eines, das den historischen Tatsachen Rechnung trägt und ein fiktives, weniger erschütterndes. Nach der Lektüre dieses ergreifenden Romans wird man ihm dafür sehr dankbar sein. Mit viel Humor und doch an keiner Stelle verharmlosend regt Becker mit seiner Geschichte von Mut, Hoffnung und Leid zum Nachdenken an: Über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Selbstverständlichkeit der Dinge. So zieht sich das Leitmotiv der Bäume – über die wir heute kaum großartig nachdenken, die im Ghetto aber strengstens untersagt waren – als Symbol für Leben und Tod wie ein grüner Faden durch den Roman. Ein Buch, das alle gelesen haben sollten!

Comic über jüdische Jugendliche im Polen der 1930er Jahre

Valentino Massoglio neben Comicbuchcover zu "When I grow up"
Unser Bibliotheksmitarbeiter Valentino Massoglio empfiehlt Ken Krimsteins neues Comicbuch "When I grow up" über die autobiographischen Erzählungen von sechs jüdischen Jugendlichen aus dem Polen der 1930er Jahre.

Valentino Massoglio ist Mitarbeiter in unserer Bibliothek, wo wir einen Schwerpunkt auf Comics und Graphic Novels legen:

"Der amerikanische Comic-Autor Ken Krimstein hat nach seiner gefeierten Biographie ‚Die drei Leben der Hannah Arendt‘ eine neue grafische Erzählung vorgelegt. In seinem kürzlich auf Englisch erschienen Buch ‚When I Grow Up - The Lost Autobiographies of six yiddish teenagers‘ hat er die autobiographischen Erzählungen von sechs jüdischen Jugendlichen aus dem Polen der 1930er Jahre verbildlicht.

Das berühmte YIVO-Institut für jüdische Forschung hatte in jenen Jahren einen Schreibwettbewerb für Jugendliche ausgeschrieben, um sich mit ethnographischen Methoden ein Bild der jüdischen Jugend zu machen. Mädchen und Jungs im Alter von 13-21 Jahren sollten anonym einen autobiographischen Text einsenden. Die Verkündung der Gewinner sollte am 1. September 1939 geschehen, was durch Beginn des Zweiten Weltkriegs an genau diesem Tag verhindert wurde. Die beschriebene Welt und das Leben der allermeisten dieser Jugendlichen wurde nur wenige Jahre später von den Nationalsozialsten vernichtet. Die Texte wurden auf abenteuerliche Weise vor den Nazis versteckt und teilweise erst 2017 in einer Kirche wiedergefunden. Von diesen 700 gefundenen Einsendungen hat Krimstein sechs Geschichten ausgewählt und sie in erzählende Bilder verwandelt.

Die sprunghaften jugendlichen Erzählungen von Familie und Auswanderung, Verliebtheit und Musik finden ihren künstlerischen Ausdruck in den wechselnden zeichnerischen Zugängen. Mal ist eine Seite mit einem schlichten Strich gezeichnet, mal wurde ein Panel zu einem ausufernden Aquarell. Durch die bildliche Anordnung und der durchgehenden Verwendung eines roten Oranges als dritte Farbe wirkt die Unbeständigkeit keineswegs überfordernd.

Mit der Übersetzung dieser einzigartigen Quellen von jugendlichem jüdischem Leben vor der Schoa in eine sehr schöne Bildsprache ist Krimstein ein eindrückliches und empfehlenswertes Buch gelungen."

Das Buch findet Ihr, neben zahlreichen anderen Comics und Graphic Novels, in unserer Bibliothek.

Historischer Gangsterroman über das Warschau Ende der 1930er Jahre

Korbinian Böck neben Buchcover von "Der Boxer"
Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt Szczepan Twardochs historischen Thriller "Der Boxer".

Nichts für zarte Gemüter: Szczepan Twardochs Roman "Der Boxer". Eine Empfehlung unseres nlineredakteurs Korbinian Böck:

"Der Roman nimmt den/die Leser*in mit ins Warschau Ende der 1930er Jahre. Er handelt von einem jüdischen Gangster und erfolgreichen Boxer, der sich im Verlauf der Geschichte zum neuen 'Paten' der polnischen Hauptstadt aufschwingt: Jakub Schapiro. Zuhause ist er im armen jüdischen Teil Warschaus, das damals etwa 350.000 jüdische Einwohner zählt, fast ein Drittel der Bevölkerung. In keiner anderen europäischen Stadt lebten damals mehr Juden.

Gleich zu Beginn begeht er mit seinen finsteren Kumpanen einen ausgesprochen blutigen Mord an einem jüdischen Schuldner – eine Tat, die die gesamte Erzählperspektive des Buches prägt. Im weiteren Verlauf der Geschichte prügelt und mordet sich Schapiro, der u.a. von Schutzgelderpressung in den jüdischen Vierteln der Stadt lebt, durch ganz Warschau.

Das Polen in den Jahren unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war von schweren innenpolitischen Verwerfungen und Konflikten geprägt. So spielt etwa ein faschistischer Putschversuch 1937 eine wichtige Rolle in dem Buch (historisch nicht zu 100 Prozent verbürgt). Immer wieder ist auch der grassierende Antisemitismus in der polnischen Gesellschaft Thema.

Insgesamt ein kurzweiliger, spannender, bisweilen etwas sehr blutrünstiger historischer Thriller. Außerdem eine gute Gelegenheit, sich begleitend zur Lektüre mit der polnischen Geschichte vor dem Zweiten Weltkrieg zu befassen. Hilfreich ist es dafür, das informative Nachwort vorab zu lesen, das in eben diese Geschichte einführt."

Erhältlich ist das Buch u.a. bei unseren Freunden von der Literaturhandlung.

Familienepos von Amos Oz

In seinem großen Familienepos "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" setzt Amos Oz den Pionieren des Landes Israel ein literarisches Denkmal.

Der israelische Autor Amos Oz (1939-2018) war einer der international renommiertesten israelischen Schriftsteller. Unsere Freund*innen von der Literaturhandlung im Jüdischen Museum empfehlen sein großes Familienepos "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis".

Mit dem Buch hat Oz auf unvergessliche Weise den Pionieren des Landes Israel ein literarisches Denkmal gesetzt. In diesem stark autobiografischen Roman verschmilzt er gekonnt politische und private Geschichten. Oz blickt zurück und rekonstruiert die Geschichte seiner Familie: die eigene Kindheit, die tragische Ehe der Eltern und der Selbstmord der Mutter. Die poetische Kraft zieht die Leser*innen sofort in den Bann. Die „Geschichte von Liebe und Finsternis“ ist grandios erzählte Literatur und eines der Bücher, die einen für immer begleiten.

Das Buch bekommt Ihr im Onlineshop der Literaturhandlung.

Robert Menasse: "Die Vertreibung aus der Hölle"

Korbinian Böck neben Buchcover von Robert Menasse
Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt "Die Vertreibung aus der Hölle" von Robert Menasse.

Robert Menasse verknüpft in seinem Buch "Die Vertreibung aus der Hölle" die Biografie eines zeitgenössischen Österreichers mit jüdischer Familiengeschichte mit der Geschichte eines Rabbiners im 17. Jahrhundert. Eine Empfehlung unseres Onlineredakteurs Korbinian Böck: 

"Zwei Handlungsstränge durchziehen dieses großartige Buch. Die Geschichten der beiden Protagonisten liegen zwar fast 400 Jahre auseinander. Der Autor erzählt sie aber in einem oft raschen Wechsel und auf eine Weise verquickt, dass sie manchmal miteinander zu verschmelzen scheinen.

Der in der Gegenwart der späten 1990er Jahre angesiedelte Teil des Buches handelt von Viktor Abravanel. Der Historiker sprengt sein 25-jähriges Abitur-Klassentreffen als er beginnt, die früheren NSDAP-Mitgliedsnummern der anwesenden Lehrer vorzulesen. Alles flüchtet, zurück bleiben nur Viktor nur seine frühere (Jugend)Liebe, Hildegund, der er in dieser Nacht von seinem Leben erzählt.

Seine Biographie ist auch dadurch geprägt, dass er Nachkomme von Holocaustüberlebenden ist - der Vater überlebte dank eines Kindertransports nach England, die Großeltern schweigen sich über ihr Überleben aus. Dass da irgendetwas 'anders' an ihm ist, erfährt der junge Viktor im Österreich der 1960er/70er Jahre aber nicht von Vater oder Großeltern. Es wird ihm auf verschiedene Weise von anderen vermittelt - etwa vom betrunkenen Jesuitenlehrer ("Christusmörder"), der den ungewöhnlichen Nachnamen des Jungen richtierweise auf die im 16./17. Jahrhundert von der iberischen Halbinsel vertriebenen Juden bezieht. Dieses Unwissen über die eigene Familiengeschichte verunsichert den Jungen in mancherlei Hinsicht. Später, als Erwachsener, stellt er sich dieser Vergangenheit auf seine Weise.

Der andere Teil des Buches führt uns in eben jenes Portugal des frühen 17. Jahrhunderts. Dort tobt zu dieser Zeit Inquisition, es werden vermeintliche oder auch tatsächliche 'Marranen' verfolgt, gefoltert, vor Gericht gestellt und in großer Zahl auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als Marranen wurden abschätzig jene iberischen Juden und deren Nachkommen bezeichnet, die oft unter Zwang konvertiert waren, teilweise aber weiterhin heimlich an ihren jüdischen Traditionen festhielten. So auch die Familie des kleinen Mané. Diese flieht im Verlauf der Geschichte aus Portugal nach Amsterdam, von den portugiesischen Juden "Liberdade" genannt. Dort erst, in der Stadt mit den vielen jüdischen Flüchtlingen, versteht der kleine Mané, der sich nun Samuel Manasseh nennt, dass er jüdisch ist – und wird schließlich ein berühmter Rabbiner.

Ich kann Menasses Roman sehr empfehlen. Er beschäftigt sich nicht nur mit jüdischer Identität, sondern auch mit einer Schlüsselepochen des europäischen Judentums.“

Das Buch bekommt Ihr bspw. bei unseren Freunden von der Literaturhandlung.

Kinderbuch über den Holocaust

Anlässlich der Frankfurter Buchmesse 2021 sprach Rifka Ajnwojner aus unserem Vermittlungsteam mit der schwedischen Autorin Rose Lagercrantz über ihr Kinderbuch "Zwei von jedem", das sich mit dem Schicksal der europäischen Juden im Holocaust befasst.

Buchcover "Zwei von jedem"

Teilacher-Trilogie von Michel Bergmann

Buchcover der Teilacher-Trilogie von Michel Bergmann
Die Literaturhandlung im Jüdischen Museum empfiehlt die Teilacher-Trilogie von Michel Bergmann.

Wer die jüdische Nachkriegsgeschichte in Deutschland auf teils sehr humorvolle Weise kennenlernen möchte, sollte die Teilacher-Trilogie des Frankfurter Autors Michel Bergmann lesen. Eine Empfehlung der Literaturhandlung im Jüdischen Museum. 

2010 erschien Bergmanns Roman „Die Teilacher“, der erste Band einer Trilogie, die er 2011 mit „Machloikes“ fortsetze und 2013 mit „Herr Klee und Herr Feld“ beendete. Bergmanns Bücher sind eine grandiose Rückschau auf die Generation der Überlebenden, die gegen ihre Absicht im Deutschland der Nachkriegszeit hängen blieben und hier nach dem Holocaust versuchten, wieder zurück ins Leben zu finden. So wie die jüdischen Handelsvertreter im ersten Band, die sich mit jeder Menge Chuzpe wieder eine Existenz im zerstörten Deutschland aufbauen. Der zweite Band „Machloikes“ schreibt ihre Geschichte im Frankfurt der früher 1950er Jahre fort, während die Geschichte der beiden ungleichen Brüder Alfred und Moritz Kleefeld im letzten Band „Herr Klee und Herr Feld“ zu seinem Ende kommt.

Besser als in diesen drei Bänden kann man die Geschichte der Juden unmittelbar nach dem Krieg in Deutschland nicht erzählen. Die Bücher leben von einer authentischen Kenntnis, vom richtigen Ton, ihrem gelungenen Witz. Ein reines Lesevergnügen!

Alle drei Bände bekommt Ihr im Onlineshop der Literaturhandlung: https://literaturhandlung.com/

David Grossman über eine zerrüttete Gesellschaft

Buchcover zu "Eine Frau flieht vor einer Nachricht"
Ein Meisterwerk: Die Literaturhandlung empfiehlt David Grossmans Roman "Eine Frau flieht vor einer Nachricht".

Die Literaturhandlung im Jüdischen Museum epmfiehlt David Grossmans Roman "Eine Frau flieht vor einer Nachricht".

David Grossman ist einer der bedeutendsten israelischen Schriftsteller der Gegenwart und außerdem Friedensaktivist. In seinen Romanen literalisiert er neben den großen Themen der Literatur wie Liebe, Kindheit oder Verlust oft auch die politische und gesellschaftliche Situation seines Landes.

In seinem Roman „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ schreibt Grossman über ein von Kriegen moralisch ausgezehrtes Land, eine tief gespaltene Gesellschaft, eine Heimat, die keinen Schutz bietet vor ständiger Bedrohung und Gewalt. Was dieser Zustand mit den Menschen macht, liest man aufs eindringlichste in diesem Meisterwerk, das auf tragischste Weise auch mit Grossmans persönlichem Schicksal verbunden ist: Sein Sohn Uri ist während der Arbeit an diesem Roman im zweiten Libanonkrieg gefallen. 

Das Buch bekommt Ihr im Onlineshop der Literaturhandlung.

Ein Kinderbuch für kritisch denkende und mutige Kinder

Sabine Paukner neben Buchcover von "Amy und die geheime Bibliothek"
Dieses Buch macht Kinder kritisch denkend und mutig: Sabine Paukner empfiehlt Alan Gratz, Amy und die geheime Bibliothek.

Sabine Paukner aus unserem Ausstellungsteam hat eine Kinderbuchempfehlung für Euch. Aber Vorsicht: macht Kinder kritisch denkend und mutig!

"'Amy und die geheime Bibliothek' heißt ein 2019 erschienenes Buch des amerikanischen Bestsellerautors Alan Gratz, der u.a. den National Jewish Book Award gewann. Es handelt von der kleinen Amy, die Bücher liebt. Als sie in der Schulbibliothek ihr Lieblingsbuch ausleihen möchte, steht es nicht mehr im Regal. Entlehnt ist es aber auch nicht. Es wurde aus dem Bestand genommen. Angeblich ist es ungeeignet für Grundschüler*innen. Die schüchterne Amy ist verzagt: 'Aber … es ist nicht ungeeignet! Es ist sehr geeignet! Es ist ein tolles Buch! Es ist mein Lieblingsbuch!' Doch immer mehr Bücher werden aus den Regalen der Bibliothek verbannt.

Amy bewundert die Tatkraft von Hauptfiguren in Büchern. Sie beschließt nun auch aktiv zu werden – sich zu trauen. Und so richtet Amy eine geheime Bibliothek in ihrem Schließfach ein. Hier können die verbannten Bücher heimlich entliehen werden. Alle bekommen die Möglichkeit sie zu lesen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Amy und ihre Mitschüler*innen fassen schließlich Mut und erheben gemeinsam ihre Stimmen – auf kluge Weise wehren sie sich gegen die Bücherverbannung.

Eine inspirierende Geschichte über Meinungsfreiheit und die Macht von Büchern (9 bis 99 Jahre)."

Tipps für einen jüdischen Film- und Serienmarathon

Porträt von Sara Soussan
Unsere Kuratorin für Jüdische Kulturen der Gegenwart Sara Soussan einige Links zu jüdischem Film- und Seriencontent zusammegetragen.

Zu Einstieg in die Thematik hat unsere Kuratorin für Jüdische Kulturen der Gegenwart Sara Soussan einige Links für Euch zusammegetragen:

  • Chaiflicks bietet eine breite Spanne von Filmen mit jüdischer Thematik: https://www.chaiflicks.com/browse
  • Auch bei Jewflix findet man Filmempfehlungen und wird dann zu den jeweiligen Anbietern weitergeleitet. http://www.jewflix.org/
  • Wer sich an einer Playlist orientieren möchte, findet in dieser Hitliste Empfehlungen: https://t1p.de/dhbo
  • Und wer es noch spezifischer für den Lockdown möchte, kommt an diesen Tipps nicht vorbei: https://t1p.de/0gnb
  • Und mein persönlicher Serien-Favorit? Natürlich die Shtisels! Die 3. Staffel soll demnächst auf Netflix verfügbar sein. https://youtu.be/WALuOpZjwdE 
  • Und wenn Ihr dann alle Filme und Serien geschaut habt, wäre vielleicht etwas frische Luft und Bewegung angebracht. Beides findet Ihr bei einer Wandertour durch's jüdische Frankfurt: https://t1p.de/6zxa

Viel Spaß beim cineastischen und spazierenden Erkunden jüdischer Kulturen!

Sachbuch über Antisemitismus in der deutschen Sprache

Manfred Levy neben Buchcover von Ronen Steinke
Manfred Levy, Leiter unseres Bildungsbereichs, empfihelt das Buch "Antisemitismus in der Sprache" von Ronen Steinke.

Mischpoke, mauscheln, schachern – jiddische Wörter wie diese sind Teil der deutschen Alltagssprache geworden. Doch ihre Bedeutung ist oft negativ besetzt. Wie kommt‘s? Der Journalist Ronen Steinke erklärt in seinem Buch "Antisemitismus in der Sprache", wie einst neutrale Bezeichnungen später judenfeindlich aufgeladen wurden und macht sich für sprachliche Sensibilität stark. Manfred Levy aus unserem Bildungsbereich hat das Buch für Euch gelesen:

"Das Wort Mischpoke bedeutete im Jiddischen, das vor 100 Jahren noch zehn Millionen Menschen sprachen, Familie – 'mischpoche'. Ein neutraler Begriff, weder positiv noch negativ. Eingedeutscht bekommt er aber einen düsteren Beiklang, die Anrüchigkeit einer verschworenen Gemeinschaft. An diesem Beispiel ist also ein Bedeutungswandel festzustellen, der damit zusammenhängt, dass ein bestimmtes Bild von Jüdinnen und Juden abgefärbt hat – eine antisemitische Bedeutungsverschiebung.

Schachern hat seine Wurzel im Jiddischen sachern, was wertfrei 'Handel treiben' bedeutet. Im Duden wird das Wort erklärt als 'abwertend für feilschend handeln' und wird so auch im deutschen Sprachalltag genutzt. Ein weiteres Beispiel: Das Wort Mauscheln kommt vom früheren deutschen Wort für 'Moses', hat aber den gleichen abwertenden Beiklang wie das rassistische 'Ali' als Bezeichnung für Türk*innen und türkeistämmige Menschen.

Seit 1700 Jahren existiert jüdisches Leben in Deutschland – länger als das Christentum. Aber die Bibel der Juden wird von Nicht-Juden immer noch als das 'Alte Testament' bezeichnet – im christlichen Sinne von überwunden, nicht mehr gültig. Für die Juden ist es die Tora, der Kern ihrer Religion, der heute genau wie vor Tausenden Jahren gültig ist und nichts von seiner Aktualität verloren hat .

Der Autor Ronen Steinke, Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, trägt mit einem fein erklärenden, gut gegliederten Büchlein, das mit mancher sprachlichen Überraschung aufwartet, zur derzeitigen Debatte über Antisemitismus bei. Die Lektüre der 63 Seiten hinterlässt bleibenden Eindruck: Manches gebräuchliche Wort bleibt Lesern demnächst vielleicht in der Kehle stecken."

Ronen Steinke: Antisemitismus in der Sprache, Duden Verlag, 63 Seiten, 8 €.

Vaybertaytsh: Ein feministischer Podcast für Jiddisch-Lernende und Neugierige

Logo des Podcasts Vaybertaytsh
Unser freier Mitarbeiter Dennis Eiler empfiehlt den feministischen Jiddisch-Podcast "Vaybertaytsh".

Unser freier Mitarbeiter Dennis Eiler hat eine Podcastempfehlung für Euch: Vaybertaytsh – ein feministischer Podcast für Jiddisch-Lernende und Neugierige.

"Eigentlich bezeichnet Vaybertaytsh eine bestimmte Schriftart für das jiddische Alphabet, die in der altjiddischen Literatur üblich war und später vor allem in Texten für und von Frauen Verwendung fand. Als junge Jiddisch-Lernerin hat Sandy (Sosye) Fox weibliche Stimmen zur Orientierung vermisst und deshalb in der Tradition feministischer Radio-Sendungen der 1960er und 70er Jahre den Podcast ‚Vaybertaytsh‘ ins Leben gerufen. Hier kommen vor allem Frauen und queere Menschen zu Wort, erzählen aus ihrem Leben und diskutieren auf Jiddisch über Angelegenheiten wie Identität, Sexualität, Familie und vieles mehr.

Die Sendungen sind von Lernenden für Lernende gemacht, aber auch geneigten deutschsprachigen Hörer*innen kann ich den Podcast  ans Herz legen. Auf der Website findet man einen weiterführenden Blog, Transkripte und Lernmaterialien, z.B. in Form von Vokabellisten. Wer möchte, kann sich sogar zum ‚digitalishn Shmueskrayz‘ anmelden und sich online mit Jiddischisten aus der ganzen Welt verbinden!"

Hier der Link zum Podcast: http://www.vaybertaytsh.com

 

Unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Heike Drummer hat sich das nunmehr auch auf Deutsch vorliegende Buch "Spurensuche 1945. Ein jüdischer Emigrant befragt seine Abiturklasse" angesehen und für Euch rezensiert.

Buchcover zu "Spurensuche 1945. Ein jüdischer Emigrant befragt seine Abiturklasse"

Roman über einen jüdisch-polnischem Emigranten in Argentinien

Buchcover zu Santiago Amigorena, Kein Ort ist fern genug
Santiago Amigorena, Kein Ort ist fern genug

Hier kommt eine Buchempfehlung der Literaturhandlung im Jüdischen Museum: Santiago Amigorena, Kein Ort ist fern genug.

In diesem autobiografischen Roman erzählt Santiago Amigorena die Geschichte seines Großvaters: Vincente Rosenberg verlässt in den späten 1920er-Jahren Warschau, um in Buenos Aires ein neues Leben zu beginnen. Er führt ein Möbelgeschäft, lernt seine Frau kennen und bekommt zwei Kinder. Ein "normales", modernes Leben, das er sich in der Hauptstadt Argentiniens zu führen erhofft. Weit weg von der ihm so fremd gewordenen jüdischen Welt, auf die er beinahe schamhaft zurückblickt. Weg von den Zwängen der Familie, der überfürsorglichen Mutter, die sich in den Briefen an Ihren Sohn stehts sehnsüchtig nach ihm erkundigt, mit Liebe überschüttet und gekränkt auf die seltenen Rückantworten des Sohnes reagiert.

Mit Beginn des Krieges in Europa 1939 werden die Nachrichten, die er von der Mutter aus Polen erhält, immer seltener. Anfangs noch froh über die Distanz zur überbordenden Fürsorge der Mutter, werden die Schuld- und Schamgefühle mit jedem weiteren Brief, der Vincente aus der alten Heimat noch erreicht, immer größer. Die wenigen Nachrichten berichten vom Hunger, der Gewalt und den Exzessen denen die Familie tagtäglich im Warschauer Ghetto ausgesetzt ist. Vincente wird vor Sorge und Schuldgefühlen zum Schatten seiner selbst. Ihm fehlen die Worte diese Gefühle auszudrücken, bis er schließlich komplett verstummt.

Vincente, dem sein Jüdischsein wie vielen Juden damals nie sonderlich wichtig gewesen war, zeigen die Nazis, dass ihn nur eines charakterisiert: sein Jüdischsein. "Es war plötzlich das Einzige, was zählte", stellt der Autor fest.

Ein Buch, das präzise und feinfühlig von der belastenden Schuld und dem Seelenleben eines Überlebenden berichtet. Das Buch bekommt ihr, nur einen Klick entfernt, im Onlineshop der Literaturhandlung.

DVD über drei Fotografinnen

Heike Drummer neben DVD-Cover
Unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Heike Drummer empfiehlt die DVD "Drei Fotografinnen. Drei Filmporträts" von Antonia Lerch.

Im Herbst 2020 wurde unter dem Hahstag #femaleheritage an Frauen erinnert, die in verrschiedenen gesellschaftlichen Bereichen Bedeutendes geleistet haben, heute aber in der Regel vergessen sind. Zu ihnen zählen auch Fotografinnen. Anlass für unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Heike Drummer, eine DVD-Produktion vorzustellen, die berührende Einblicke in drei Karrieren bietet.

"In den 1920er Jahren entdeckten Frauen zunehmend das Medium Fotografie und die dazugehörigen Berufsfelder: Kunst, Journalismus, Reportage. Darunter waren viele Jüdinnen, die sich die Fotografie häufig als Autodidaktinnen erschlossen.

Die Frankfurter Künstlerinnen, wie z.B. Ilse Bing oder die Schwestern Nini & Carry Hess, fühlten sich mehrheitlich der Moderne verpflichtet, suchten als Frauen Eigenständigkeit und ökonomische Unabhängigkeit. Ihre so vielversprechend begonnenen Karrieren endeten 1933 mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Sie wurden verfolgt, der wirtschaftlichen Existenz beraubt, vertrieben, deportiert, ermordet. Ihre Lebensgeschichten und Werke gerieten nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach in Vergessenheit.

Die Berliner Dokumentarfilmerin Antonia Lerch besuchte 1992 die aus Frankfurt stammende Fotografin Ilse Bing in New York, außerdem Grete Stern in Buenos Aires und Ellen Auerbach, geb. Rosenberg, in New York; letztere zwei Fotografinnen betrieben bis 1933 gemeinsam das Fotostudio „ringl + pit“ in Berlin. Die stillen Porträts, gefilmt in den Privatwohnungen, sind inzwischen bedeutende Zeugnisse. Trotz ihres damals schon hohen Alters hatten sich die drei Künstlerinnen ihre große Leidenschaft für das Medium Fotografie bewahrt. Die im Film präsentierten Bilder und Negative, liebevoll aufbewahrt in Schachteln und Regalen, lassen uns intim teilhaben an Geschichten des 20. Jahrhunderts, an den persönlichen Folgen des Zivilisationsbruchs und an dem ästhetischen Credo von Ilse Bing, Grete Stern und Ellen Auerbach."

Drei Fotografinnen, Drei Filmporträts von Antonia Lerch, arte-Edition

Podcast über Jüdisches in der Popkultur

Jüdisches in der Popkultur ist Thema in dieser Folge des Podcasts #Popkulturfunk. Zu Gast ist Sara Soussan, unsere Kuratorin für Jüdische Kulturen der Gegenwart. Mit ihr unterhält sich Gastgeberin Valentina Hirsch unter anderem über jüdische Themen im Fernsehen, über Comics und unsere neue Dauerausstellung "Wir sind Jetzt".

Logo des Podcast Popkulturfunk

Stoppt den Judennhass

Manfred Levy neben Buchcover
Manfred Levy, Leiter unseres Bildungsbereichs, empfiehlt das Buch "Stoppt den Judenhass!" von Sigmund Gottlieb, ehemaliger Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens.

"Stoppt den Judenhass!" heißt ein Buch, das der frühere Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens kürzlich veröffentlicht hat. Manfred Levy, Leiter unseres Bildungsbereichs, hat es gelesen:

"Die zunehmende Feindseligkeit, die Jüdinnen und Juden in Deutschland entgegenschlägt, lässt sich durch beschwichtigende Sonntagsreden nicht aus der Welt schaffen. Antisemitismus macht sich auf schleichende, bedrohliche Weise in der Mitte der Gesellschaft breit und wird immer offener kommuniziert.

Sigmund Gottlieb, ehemaliger Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens, richtet seinen flammenden Weckruf daher an die breite Bevölkerung: Steht auf – nicht nur gegen rechtsradikale Gewalttaten und Islamismus, sondern auch gegen Hass in den sozialen Medien, gegen die ständige unterschwellige oder ziemlich laute Kritik am Staat Israel (warum kann ich den Begriff Israel-Kritik googeln, nicht aber Syrien- oder China-Kritik?), gegen antijüdische Schimpfworte auf dem Schulhof, gegen verharmlosende Berichte in den Medien und gegen die alltägliche Gleichgültigkeit.

Das Buch ist ein Fanal gegen Gleichgültigkeit und Wegsehen. Somit regt es zur Reflexion über eigene Vorurteile und verfestigte Einstellungen an."

Null Motivation: Israelischer Coming-of-Age Film

Valentino Massoglio neben Filmplakat zu "Null Motivation"
Unser Bibliothekar Valentino Massoglio empfiehlt den israelischen Coming-of-Age Film "Null Motivation".

"Null Motivation" heißt ein neuer israelischer Film voll komischer Lethargie, der es geschafft hat unseren Bibliothekar Valentino Massoglio zumindest kurzzeitig aus der Corona-Fatigue herauszuholen.

"Die beiden Freundinnen Zohar und Daffi leisten ihren Wehrdienst beim israelischen Militär in einem Verwaltungsbüro einer Militäreinrichtung ab. Weitab vom Sehnsuchtsort Tel Aviv müssen Sie im staubigen Nirgendwo Kaffee kochen, Papiere schreddern und ihre nervigen Kolleginnen ertragen. Während Zohar versucht den nächsten Weltrekord im Minesweeper zu knacken, schreibt Daffi dem Stabschef mit der Bitte um Versetzung nach Tel Aviv. Als eine neue Dame auf der Basis auftaucht ist Daffie felsenfest davon überzeugt, dass es ihre Ablöse sein muss.

Die Regisseurin, Drehbuchautorin und Comic-Künstlerin Talya Lavie hat in diesem herausragenden Coming-of-Age Film ihre eigene Militär-Zeit verarbeitet und erzählt dabei mit lakonischem Witz vom Erwachsenwerden ihrer Protagonistinnen. Dabei nimmt sie eine dezidiert weibliche Perspektive ein, Männer haben in diesem israelischen Publikumshit nur eine Nebenrolle."

"Null Motivation" hat den Hauptpreis beim Tribeca Film Festival gewonnen und ist auf DVD in Hebräisch mit deutschen Untertiteln erhältlich. Hier gehts zum Trailer.

Film über ein geraubtes Klimtgemälde: Die Frau in Gold

Theresa Gehring aus unserem Kommunikationsbereich
Theresa Gehring aus unserem Kommunikationsbereich empfiehlt "Die Frau in Gold" über ein geraubtes Klimt-Gemälde.

Es gibt Spielfilme denen man die Freiheit der gedichteten Erzählung  gegenüber den tatsächlichen Geschehnissen sehr leicht verzeiht.  Zu diesen Filmen zählt Theresa Gehring aus unserem Kommunikationsbereich "Die Frau in Gold", der die Geschichte um die Rückgabe des berühmten Klimt-Gemäldes der Adele Bloch-Bauer an Maria Altmann, ihre Nichte, schildert.

„Als die Nationalsozialisten 1938 in Österreich einmarschieren, beginnt auch für die dortige jüdische Bevölkerung ein unbarmherziger Albtraum. Wer kann, verlässt das Land.  So auch das Ehepaar Maria und Fredrick Altmann, das in die USA flieht und deren zahlreiche Besitztümer von den Nazis konfisziert werden. Mehr als 50 Jahre später hat Maria (gespielt von einer sehr ausdrucksstarken Helen Mirren) ein glückliches Leben aufgebaut und will mit der Vergangenheit nichts weiter zu tun haben. Das ändert sich schlagartig, als Maria nach dem Tod ihrer Schwester auf Briefe stößt, die sie veranlassen, das zurückzufordern, was ihr bzw. ihrer Familie gehört. Gemeinsam mit dem befreundeten Anwalt Randol Schoenberg reist sie deshalb in ihre alte Heimat nach Wien und damit gleichzeitig in ihre lange Jahre verdrängte Vergangenheit.

Der Film entführt die Zuschauer durch das geschickte Einsetzen von Flashbacks, die Maria an den jeweiligen Orten des jetzigen Wiens ereilen, in das Wien vor ihrer Flucht und entspinnt dadurch nach und nach die Geschichte um das berühmte Adele Bloch-Bauer Bild. Schnell wird klar, dass Marias Vorhaben das Bild in den Familienbesitz zurückzuführen, viele Hürden mit sich bringt. Ob der Kampf Marias gemeinsam mit ihrem Anwalt gegen die Republik Österreich gelingt, bleibt bis zur letzten Minute des Films spannend.“

Hier gehts zum Trailer.

Roman über Algorithmen und eine ausbrechende Diktatur

Cover zum Roman "Zerstörung" von Cécile Wajsbrot
Die Literaturhandlung im Jüdischen Museum empfiehlt des dystopischen Roman "Zerstörung" von Cécile Wajsbrot.

Unsere Freund*innen von der Literaturhandlung im Jüdischen Museum empfehlen den neuen Roman "Zerstörung" von Cécile Wajsbrot. Meisterlich erzählt die Autorin darin von einer ausbrechenden Diktatur, der eine bequeme, von Algorithmen geleitete Gesellschaft wehrlos gegenübersteht.

An ihrem Ende steht eine geschichtslose Zukunft ohne Kultur und Schriftlichkeit. In krassem Gegensatz zu dieser Entwicklung stehen die Vorstellungen der Erzählerin, die den Sinn ihres Lebens im Lesen und Schreiben sucht. Ein nicht näher erläuterter "Soundblog" bietet ihr noch Gelegenheit, ihre Überlegungen zu ihrer Zeit und zu ihrer persönlichen Situation zu kommunizieren.

Atmosphärisch dicht und mit scharfem Blick fängt Cécile Wajsbrot den Ungeist unserer Zeit ein. Ihr Roman ist ein großes Plädoyer für die Bewahrung dessen, was den Menschen ausmacht: vergegenwärtigte Geschichte, Kultur und Sprache.

Zum Onlineshop: https://t1p.de/8bt7

Geschichten für jüdische Kinder

Valentino Massoglio
Valentino Massoglio, Mitarbeiter in unserer Bibliothek und dem Archiv, empfiehlt Mendel Rosenbusch – Geschichten für jüdische Kinder von Ilse Herlinger.

Valentino Massoglio, Mitarbeiter in unserer Bibliothek und dem Archiv, hat eine Kinderbuchempfehlung für Euch: Mendel Rosenbusch – Geschichten für jüdische Kinder von Ilse Herlinger.

"Die berühmte Lyrikerin und Kinderschriftstellerin Ilse Weber (geb. Herlinger) hat 1929 diese Sammlung poetischer Kindergeschichten rund um den alten Mendel Rosenbusch veröffentlicht. Angesiedelt in einem jüdischen Viertel eines mährischen Dorfes werden elf Abenteuergeschichten erzählt, die die Kinder des Dorfes erleben und in denen der umtriebige Mendel Rosenbusch seine übernatürliche Gabe einsetzt, um die Erwachsenen mal mehr, mal weniger rabiat zum guten Handeln zu bewegen.

Auch neunzig Jahre nach ihrem erstmaligen Erscheinen besitzen Herlingers Erzählungen eine wunderschöne Bildsprache und eignen sich hervorragend zum Vorlesen. Jüdische Begrifflichkeiten und Traditionen werden einfach und beiläufig erklärt, so dass sie sich auch für Kinder eignen, die damit nicht so vertraut sind. Die Ausgabe ist jetzt erstmalig zweisprachig in Deutsch und Hebräisch erschienen und erfüllt damit posthum den Wunsch Herlingers nach einer Übersetzung der Geschichten ins Hebräische. Das im kleinen Gans-Verlag erschienene Buch ist mit eindrücklichen Zeichnungen von Özgür Erkök Moroder illustriert und besitzt ein informatives Nachwort der Kinder- und Jugendbuchforscherin Annegret Völpel zur historischen Einordnung der Erzählungen. Ein rundum tolles Buch für Groß und Klein!"

Ilse Herlinger, Mendel Rosenbusch – Geschichten für jüdische Kinder, Gans Verlag 2020. 978-3-946392-16-3

Der radikale Weg nach Raqqa: Kalifat

Manfred Levy leitet unseren Bildungsbereich
Manfred Levy leitet unseren Bildungsbereich empfiehlt die schwedische Serie "Kalifat".

Manfred Levy leitet unseren Bildungsbereich und hat einen spannenden Serientipp für Euch: Kalifat.

"Als ob das Leben nicht schon aufregend genug wäre, musste ich ausgerechnet auf eine schwedische Fernsehserie klicken, die im deutschsprachigen Raum bei einem großen Streaming-Dienst läuft. Sie handelt von einem Mädchen aus Stockholm, das sich dem sogenannten ‚Islamischen Staat‘ im syrischen Raqqa angeschlossen hat. Angekommen in der Realität in einem von Krieg, Gewalt und Chaos zerstörten Ort, plant die junge Mutter ihre Flucht zurück nach Schweden. Dies gelingt aber nur, wenn sie als Informantin für eine schwedische Polizistin arbeitet, die versucht, Anschlagspläne des IS in Schweden zu verhindern.

So wechselt die Kamera ständig zwischen zwei Schauplätzen: Syrien und Schweden. Wir erfahren, wie junge Leute mit und ohne muslimischen Hintergrund und Kenntnisse über den Islam manipuliert und angeworben werden, wie sie sich radikalisieren. In Raqqa erleben wir einen von gewaltlüsternen Männern dominierten Alltag. Das Paradies auf Erden haben sich die hierher gelockten jungen Frauen anders vorgestellt. Zu Hause leiden ihre Familien, hier blickt die Story sehr genau auf die Hilflosigkeit und die Zerstörungen, die die Entscheidungen der Kinder anrichten. Aber auch auf die Gründe, warum die Einflüsterer und Verführer bei ihnen Erfolg haben.

Warum sich die Serie meiner Meinung nach vom Mainstream unterscheidet? Sie ist fiktiv, aber sie zeichnet ein differenziertes Bild von Radikalisierung und gesellschaftlichen Zuständen in Europa, die diese möglich machen."

Debütroman von Raphaela Edelbauer: "Das flüssige Land"

Kathrin Schön neben dem Buccover von "Das flüssige Land"
Kathrin Schön, die Leiterin unserer Vermittlung, empfiehlt den Roman "Das flüssige Land" von Raphaela Edelbauer.

Kathrin Schön, die Leiterin unserer Vermittlung, hat für uns einen Blick in Ihr Bücherregal geworfen und empfiehlt für die Zeit im Lockdown den Roman "Das flüssige Land" von Raphaela Edelbauer.

"Ende letzten Jahres habe ich den klugen und überraschend unterhaltsamen Debütroman von Raphaela Edelbauer entdeckt. Dessen Protagonistin Ruth Schwarz begibt sich nach dem plötzlichen Verlust ihrer Eltern auf eine turbulente und fantastische Reise zu ihren Wurzeln und zum Heimatort ihrer Eltern. Das Problem: der Ort scheint nicht zu existieren. Wie eine Detektivin rekonstruiert sie aus den Erinnerungen an die Anekdoten und Geschichten ihrer Familie die Spuren, die sie letztendlich an ihr Ziel führen: 'Groß-Einland'.

An diesem skurrilen Ort fallen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in eins. Und obwohl Ruth dort auf Unverständliches und Unausgesprochenes trifft, empfindet sie eine große Nähe und Vertrautheit. Klingt idyllisch, wäre da nicht das unheimliche Loch unter Groß-Einland, das Teile der Altstadt und Ruths neugewonnenes Zuhause zu verschlingen droht...

Für all diejenigen, die in den kommenden Tagen und Wochen zu ihren Familien fahren oder sich für große Feste einfach per Livestream zusammenschalten, ist 'Das flüssige Land' die ideale Lektüre, um sich augenzwinkernd aufs Zuhören und Geschichtenerzählen im Kreise seiner Lieben einzugrooven.“

Film über eine zerbrochene Liebe: Vergiss mein nicht

Marion Rossi, Projektmamagerin des digitalen Projekts METAhub
Marion Rossi, Projektmamagerin des digitalen Projekts METAhub, empfiehlt den Film "Vergiss mein nicht".

Marion Rossi, Projektmamagerin des digitalen Projekts METAhub, empfiehlt den Film "Vergiss mein nicht".

"Kennt Ihr den Film ‚Vergiss mein nicht‘ von Michel Gondry, mit Kate Winslet und Jim Carrey? Der original Titel gefällt mir noch besser als das Deutsche: Eternal sunshine of the spotless mind. Er ist aus dem Jahr 2004, aber das Thema ist zeitlos. Manchmal ist die Erinnerung an eine zerbrochene Liebe so schmerzhaft, dass man lieber vergessen würde. Was wenn es möglich wäre? Aber selbst wenn die Erinnerung aus dem Kopf gelöscht wird, vergisst denn auch das Herz?

Die Art und Weise wie Gondry das Erlöschen von Erinnerung filmisch darstellt, macht aus diesem romantischen Drama ein Kunstwerk."

Hörspiel: Die Katze des Rabbiners

Korbinian Böck neben Cover zu "Die Katze des Rabbiners"
Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt das Hörspiel "Die Katze des Rabbiners" nach Joann Sfar.

Hier kommt eine Hörspielempfehlung unseres Onlineredakteurs Korbinian Böck:

"Vielleicht kennt der/die ein/e oder andere von Euch die herrlich amüsante Comicbuch-Reihe "Die Katze des Rabbiners" von Joann Sfar? Sie handelt vom Kater eines sephardischen Rabbis, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Algier lebt. Der tierische Protagonist erlangt nach dem Verzehr eines Papageis auf wundersame Weise die Fähigkeit zu sprechen. Mit dem Rabbiner führt er daraufhin allerlei Streitgespräche, studiert die Tora und erlebt diverse Abenteuer.

In der ARD-Audiothek findet Ihr aktuell eine zweiteilige Hörspielfassung der ersten beiden Bände des Comics. Die ist kurzweilig, sehr liebevoll produziert und auch bestens für junge Zuhörer*innen geeinget. Meine Empfehlung!"

Hörspiel Teil1; Hörspiel Teil 2.

Über Kunst und Kultur als Lebens-Mittel: "Frederick" von Leo Leonni

Sabine Paukner neben dem Buchcover von "Frederick"
Unsere freie Mitarbeiterin Sabine Paukner empfiehlt das Buch 'Frederick' von Leo Lionni aus dem Jahr 1967.

Sabine Paukner ist freie Mitarbeiterin für unsere kommende Wechselausstellung Unser Mut. Sie empfiehlt das Buch 'Frederick' aus der Feder des  jüdisch-amerikanischen Grafikers, Malers und Schriftstellers Leo Lionni aus dem Jahr 1967.

"Aus einfachen Bildern entsteht eine große Kraft: In einer uralten Steinmauer leben schwatzhafte Feldmäuse. Weil es bald Winter wird, sammeln sie Nahrungsmittel. Alle Mäuse arbeiten emsig − bis auf Frederick. Der sitzt scheinbar untätig herum. Dabei sammelt Frederick Sonnenstrahlen, Farben und Wörter.

Alsbald kommt der erste Schnee. Viele lange, graue Wintertage folgen. Es wird sehr kalt zwischen den Steinen der alten Mauer und niemand will mehr sprechen. Da fallen den Feldmäusen Fredericks wertvolle [„systemrelevante“] Vorräte ein. Und so lässt dieser Sonnenstrahlen, Farben und Wörter in der dunklen und kalten Zeit für die anderen aufleben. Damit zeigt der Schriftsteller und Illustrator Leo Lionni: Kunst und Kultur sind Lebens-Mittel."

Sigmund Freud - Briefe an die Kinder

Werner Hanak neben dem Buchcover "Unterdeß halten wir zusammen. Sigmund Freud - Briefe an die Kinder"
Werner Hanak empfiehlt das Buch "Unterdeß halten wir zusammen. Sigmund Freud - Briefe an die Kinder"

Unser Stellvertretender Direktor Werner Hanak empfiehlt, auch aus ganz persönlichen Gründen, das Buch "Unterdeß halten wir zusammen. Sigmund Freud - Briefe an die Kinder" (Hrsg. Von Michael Schröter, Berlin: Aufbau Verlag, 2010.)

"In-Verbindung-Bleiben ist in Virus-Zeiten ein großes Thema. Genau darum geht es auch in Sigmund Freuds berührendem Briefverkehr mit seinen sechs Kindern. Hier lernen wir ihn als fürsorglichen Familiennetzwerker bis in die hohen Tage seines Londoner Exils kennen – herzerwärmend und lesenswert. Für mich hält das Buch eine besondere Begegnung mit einem eigenen Kindheitsort bereit: In einem Brief an seine Tochter Mathilde im Juli 1919 berichtet Freud von einem Krankenbesuch. Seine Frau Martha erholte sich im Sanatorium Salzburg-Parsch von der Grippe, die nach dem Ersten Weltkrieg viele Todesopfer gefordert hatte. Genau 50 Jahre später kam ich dort zur Welt – aus dem Sanatorium war längst ein Wohnhaus geworden. Aber erst vor kurzem fand ich heraus, dass es nach 1945 für einige Jahre zu einem Lager für jüdische Displaced Persons gehört hatte. Und zwar als Lungenheilanstalt."

Undercover in Syrien: The Spy

Korbinian Böck neben dem Plakat zur Serie "The Spy"
Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt die Agentenserie "The Spy".

Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt die Serie THE SPY:

"Sacha Baron Cohen kannte ich bislang nur in parodistischen und klamaukigen Rollen, sei es als kasachischer Fernsehreporter Borat oder in seiner Ali G Show. In THE SPY spielt er nun den Mossad-Agenten Eli Cohen. Die Serie erzählt die wahre Geschichte um einen israelischen Spion, der sich in den 1960er-Jahren unter falscher Identität Zugang zu den höchsten politischen Kreisen Syriens verschaffte. Eindrucksvoll zeigt die Serie, wie schwierig es dem auf sich allein gestellten Spion fällt, sein Lügengebäude aufrecht zu erhalten und von seiner Familie in Israel getrennt zu sein. Spannende Unterhaltung zum Mitfiebern.“

Die sechsteilige Miniserie Serie ist aktuell bei einem der großen Streamingdienste zu sehen. Einen kleinen Vorgeschmack gefällig? Hier gehts zum Trailer.

Nicole Krauss: "Eine Geschichte der Liebe"

Unser Volontär Janis Lutz empfiehlt "Eine Geschichte der Liebe" (2005) von Nicole Krauss.

Diese Lektüreempfehlung kommt von unserem Volontär Janis Lutz.

„Was würdet Ihr tun, wenn Ihr nach einer Protagonistin/einem Protagonisten eines Romans benannt wärt? Vor allem dann, wenn Ihr vermutet, der/die Protagonist/in ist eine reale Person und womöglich noch am Leben? Mit dieser Frage sieht sich eine der Hauptfiguren von Nicole Krauss‘ Roman 'Die Geschichte der der Liebe' konfrontiert. Die vierzehnjährige Alma wurde von Ihren Eltern nach jener Alma benannt, der der Roman 'Die Geschichte der Liebe' gewidmet ist. Das Buch von Nicole Krauss hat denselben Namen wie das Manuskript 'Die Geschichte der Liebe', das in dem Roman eine zentrale Rolle einnimmt und zum Dreh- und Angelpunkt der Erzählung wird.

Vergangenes Wochenende fand ich endlich die Zeit, Krauss‘ Roman fertigzulesen und war begeistert davon, dass sich sein Inhalt entgegen meiner Erwartungen gestaltete. Das Buch behandelt diverse Lebensgeschichten von Menschen, die den Zweiten Weltkrieg und die Schoa überlebten, und später auf der anderen Seite des Atlantiks durch verschiedene Zufälle in neuen Konstellationen wieder zusammenfinden. Dabei beschreibt Nicole Krauss nicht nur die zwischenmenschliche Liebe, sondern zuweilen die Liebe zu ganz profanen, alltäglichen Dingen, die ganz beiläufig abseits des Haupterzählstrangs auftauchen, was das Buch neben der Haupthandlung so lesenswert macht.

​Die Antwort auf die Frage, wie die 'Geschichte der Liebe' vom polnischen Slonim, über Chile in die Hände der vierzehnjährigen Alma gelangen konnte, ohne dass ihr Verfasser davon wusste, hält viele Überraschungen wie auch spannende und vielseitige Charaktere bereit."

Nicole Krauss, Die Geschichte der Liebe, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2005.

Graphic Novel über Hannah Arendt

Franziska Krah neben dem Cover der Graphic Nove über AHnnah Arendt
Franziska Krah, Leiterin des Familie Frank Zentrums, unseres Archivs und der Bibliothek, empfiehlt "Die drei Leben der Hannah Arendt".

Hatte Hannah Arendt Humor? Ganz bestimmt, glaubt man Ken Krimsteins Graphic Novel über die große Denkerin des 20. Jahrhunderts (Ken Krimstein, Die drei Leben der Hannah Arendt., dtv, München 2019). Die empfiehlt Euch Franziska Krah, Leiterin des Familie Frank Zentrums, unseres Archivs und der Bibliothek.

„Krimstein gelingt es, die vielen Facetten von Hannah Arendt als Privatmensch, als leidenschaftliche Denkerin, streitbare Kritikerin und scharfe Beobachterin im Comic zu vereinen. In wunderbar stimmigen Bildern und Texten werden ihre Lebensstationen skizziert und gleichzeitig die Grundlagen ihres Denkens verständlich. Zuletzt war Arendt aufgrund ihres Aufsatzes 'We Refugees' in aller Munde. Was sie 1943 erstmals publizierte, scheint überraschend aktuell zu sein. Darüber hinaus kann auch ihre Kritik am Antisemitismus noch immer erhellen. Mit Krimsteins Comic werden hoffentlich weitere Kreise ermuntert, sich mit Arendts Werk vertraut zu machen."

Für die weiterführende Lektüre lohnt sich neben ihrem Originalwerk übrigens auch die Aufsatzsammlung Arendt und Adorno, herausgegeben von Lars Rensmann u.a.“ Beide Bücher findet Ihr (hoffentlich ab Januar 2021 wieder) in der Bibliothek des Jüdischen Museums.

Sachbuch: Über Rassismus sprechen

Sonja Thäder bene dem Cover von "White Fragility"
Sonja Thäder aus unserer wissenschaftichen Museumsdokumentation empfiehlt "White Fragility. Why it's so hard for white people to talk about Racism".

„"hy it's so hard for white people to talk about Racism". Um diese Frage geht es in der Buchempfehlung von Sonja Thäder, die u.a. zuständig ist für unsere jüngst gelaunchte Onlinesammlung.

"Im vergangenen Herbst kaufte ich in Portland, in einer der „weißesten“ Städte der USA, das Buch ‚White Fragility‘. Es handelt von der Unfähigkeit ‚Weißer‘ über Rassismus zu sprechen. Autorin Robin Diangelo hat damit vor zwei Jahren den Finger auf einen neuralgischen Punkt gelegt, der bis heute in der Rassismusdebatte heruntergespielt wird: Das Festhalten der ‚Weißen‘ an ihren Privilegien, die in den westlichen gesellschaftlichen Strukturen fest verankert sind. Deutlich analysiert Diangelo unsere oberflächliche politisch-korrekte Gleichrednerei, die bei der leisesten Kritik seitens rassistisch Benachteiligter sehr schnell in Systemrechtfertigung und Ablehnung eigener Verantwortung umschlägt.

Über Diskriminierung will keine/r reden, wenn er/sie selbst Teil und Nutznießer dessen ist. Und das sind in Europa und USA alle als ‚weiß‘ definierten Menschen (je homogener die Nachbarschaft ist, desto willkürlicher wird die Zuschreibung). Die Untersuchung von Diangelo, Professorin für Kritische Diskursanalyse, ist also mehr als notwendig. Denn so lange wir uns unserer Verantwortung nicht stellen und nicht auf diese – uns oft unbewussten – Privilegien zugunsten der Gleichberechtigung aller verzichten, wird Rassismus mit seinen katastrophalen Folgen nicht verschwinden."

Robin Diangelo, White Fragility. Why it's so hard for white people to talk about Racism, Beacon Press Boston 2018. Ein deutschsprachiges Interview mit der Autorin findet Ihr hier.

 

Mutmachsong von Ishay Ribo

Unsere Kuratorin für Jüdische Gegenwartskulturen, Sara Soussan, empfihelt den Song "Haboker Yaaleh" von Ishay Ribo.

In Zeiten wie diesen können viele Menschen jede Aufmunterung gebrauchen. Unsere Kuratorin für Jüdische Gegenwartskulturen, Sara Soussan, empfiehlt daher "Haboker Yaaleh" von Ishay Ribo. Nach ihm ist das säkulare wie religiöse israelische Publikum im Moment völlig verrückt. Ishay Ribo ist ein französich-israelischer Popmusiker, der religiöse Lyrik mit eigenen Texten kombiniert. So heißt es in diesem Lied:

"Der Morgen wird aufsteigen, die Sonne aufgehen,
die Vögel werden, wie in den Geschichten, Lob singen,
die Schönheit wird offenbar, so oder so,
am Ende wird sich alles regeln,
zum Guten, zum Allerbesten!"

Von New York nach Berlin: Unorthodox

Filmstill aus der Serie "Unorthodox"
Filmstill aus der Serie "Unorthodox", die Manfred Levy, Leiter unseres Bldungsbereichs, empfiehlt.

Manfred Levy leitet unseren Bildungsbereich. Gegen drohende Langeweile weiß er ein Gegenmittel: die Serie ‚Unorthodox‘ – eine Geschichte von Fesseln und Freiheit.

"Wie wäre es mit einem voyeuristischen Blick durchs Schlüsselloch in eine existierende, blühende, aber verschlossene Welt im Judentum? Wer kennt schon die ultraorthodoxe Gemeinde der Satmarer Chassiden in Williamsburg, New York City, die innerhalb ihrer ganz eigenen Gesetze und Vorschriften lebt? Die Autorin Deborah Feldman ist dort aufgewachsen und als junge Frau aus dieser engen Welt ausgebrochen. Diese Geschichte erzählt ihr Bestseller "Un-Orthodox", an den sich die gleichnamige Miniserie anlehnt. Ja, anlehnt, denn Leser*innen des Buchs werden sich an manchen Stellen die Augen reiben, da das Drehbuch sich sehr viele Freiheiten erlaubt.

Mir gefällt die ungemein authentisch und aufwändig inszenierte Produktion sehr gut und es gelingt ihr offenbar, ihr Publikum zu faszinieren und zu informieren. Damit keine falschen Bilder entstehen, sollte man aber wissen, dass die hermetisch abgeschlossen lebenden Satmarer mit ihren starren Rollenbildern innerhalb des Judentums eine absolute Außenseiterrolle spielen und zum Beispiel den Staat Israel vehement ablehnen. Ich empfehle nicht nur die Serie, sondern auch das Making of, das Antworten auf viele Fragen gibt, die sich beim Zuschauen stellen.“

Die vierteilige Miniserie ist bei einem bekannten Streamingdienst verfügbar. Hier geht es zum Trailer.

Expressionistisch inspirierter Postpunk

Eriek Riedel neben dem Plattencover der Band Mayflower Madame
Erik Riedel, Leiter unseres Ludwig Meidner-Archivs, empfiehlt das Lied "Luedig Meidner" der norwegischen psychadelic post-punk Band Mayflower Madame.

Erik Riedel, Leiter unseres Ludwig Meidner-Archivs, hat eine musikalische Empfehlung für Euch:

"Anfang 2020 erschien das Album 'Prepared for a nightmare' der norwegischen psychadelic post-punk Band Mayflower Madame. Darauf findet Ihr unter anderem den Titel 'Ludwig Meidner‘. Text, Musik und das zugehörige Musikvideo sind von den apokalyptischen Landschaften des Expressionisten inspiriert. Mit seinem treibenden Rhythmus und halligen Klang erinnert das Lied tatsächlich an die Weltuntergangsbilder des jüdischen Künstlers.

Trond Fagernes, der Sänger und Gitarrist der Band, ist bei seinem Studium der Kunstgeschichte auf Meidner aufmerksam geworden und seitdem ein Fan seiner Bilder. Die Album-Tournee der Band durch die USA musste zwar wegen Corona abgesagt werden, das Album ist aber als CD oder online erhältlich." Hören könnt Ihr 'Ludwig Meidner' hier.

Kinderbuch: Opa und der Hundeschlamassel

Sophie Schmidt neben dem Buchcover von "Opa und der Hunde-Schlamassel"
Sophie Schmidt aus unserer Bildungsabteilung empfiehlt das Kinderbuch "Opa und der Hunde-Schlamassel".

Sophie Schmidt aus unserer Bildungsabteilung ist unter anderem zuständig für die Lernangebote in unserer Museumbibliothek. Dort haben wir eine schöne Auswahl an Kinder- und Jugendliteratur für Euch.

"Mögt ihr lieber Hunde oder Katzen? Für Zelda, die 10-jährige Hauptfigur im Roman 'Opa und der Hundeschlamassel', ist die Antwort glasklar: Sie will unbedingt einen Hund haben. Nur ihre Eltern wollen das nicht so ganz verstehen. Dabei hat Zelda schon genug andere Sorgen: Nach einem Umzug von New York aufs Land muss sie neue Freunde finden. Ihr kleiner Bruder ist ihr peinlich und dann gibt es noch Opa Ace mit seinen vielen jiddischen Ausdrücken und verschrobenen Ideen. Aber vielleicht ist seine Idee doch gar nicht so übel, um ihre Eltern von einem Hund zu überzeugen...
Die humorvolle und doch tiefgründige Geschichte bietet sich wunderbar an zum Vorlesen für die ganze Familie."

"Opa und der Hunde-Schlamassel“ (ab 8 Jahren) von Erica S. Pearl, Ariella-Verlag, 2012.

Hörspiel nach Jonathan Safran Foer

Korbinian Böck neben Buchcover von "Alles ist erleuchtet"
Unser Onlineredakteur Korbinian Böck empfiehlt das Hörspiel "Alles ist erleuchtet".

Möft Ihr gerne Hörspiele? Hier eine weitere Empfehlung unseres Onlineredakteurs Korbinian Böck:

"Ein junger Mann aus den USA begibt sich auf eine Reise in die eigene Familiengeschichte: in der Ukraine sucht er die Heimat seines verstorbenen Großvaters, ein Schtetl mit Namen Trachimbrod. Im Gepäck hat der Protagonist von 'Alles ist erleuchtet' nach dem gleichnamigen Roman von Jonathan Safran Foer das vergilbte Foto einer Frau namens Augustine. Sie, so hofft er, könnte ihn der Geschichte seines Großvaters näher bringen. Denn sie war es, die den Großvater vor dem Terror der Nazis im Zweiten Weltkrieg rettete. Begleitet wird der junge Mann von einem älteren einheimischen Reiseführer und dessen Enkel, der den Übersetzer macht.

Der mitunter schräge Roadtrip der drei Männer wird in der Buchvorlage wie auch im Hörspiel immer wieder unterbrochen durch Rückblenden in die märchenhaft geschilderte Welt des Schtetls, die mit dem Einmarsch deutscher Truppen 1942 abrupt zerstört wird. Eine komische, schöne, bewegende Geschichte!"

Jonathan Safran Foer: Alles ist erleuchtet. Das Hörspiel findet Ihr in der ARD-Audiothek. Teil1; Teil2

Starke historische Frauenfiguren

Theresa Gehring neben dem Cover von "Wenn Du geredet hättest, Desdemona"
Theresa Gehring aus unserem Kommunikations- und Marketingbereich empfiehlt das Buch "Wenn Du geredet hättest, Desdemona".

Eine Empfehlung von Theresa Gehring aus unserem Marketing-Bereich:

"In ihrem Buch 'Wenn Du geredet hättest, Desdemona' überlegt sich die Autorin Christine Brückner, welche Reden die Frauen von berühmten Männern gehalten haben könnten. Entstanden ist dabei eine originelle und geistreiche Sammlung von vierzehn Monologen großer Frauen. Obwohl die Reden fiktiv sind, beeindruckt immer wieder das inhaltliche und sprachliche Einfühlungsvermögen der Autorin. Beleuchtet werden in den einzelnen fiktiven Reden nicht nur das Verhältnis von Mann und Frau von der Antike bis zur heutigen Zeit, sondern auch die Situationen, in denen die jeweilige Rede gehalten worden wäre. Jede Rede für sich erhellt den/die Leser*in mit Einblicken in die potenziellen Gedanken dieser starken Frauen, bei gleichzeitiger Einordung des historischen Umfelds. Eine gute Lektüre für Zwischendurch – geistreich, kurzweilig und lautstark."

Christine Brücker: Wenn Du geredet hättest, Desdemona, Hoffmann und Campe, 2017.

Knalljarte Action aus Israel: Fauda

Plakat zur Serie Fauda
Manfred Levy, Leiter unseres Bildungsbereichs, empfiehlt die israelische Action-Thriller-Serie "Fauda".

Manfred Levy, Leiter unseres Bildungsbereichs, empfiehlt die israelische Action-Thriller-Serie "Fauda – jetzt herrscht wieder Chaos!"

"Dieses Jahr lief die dritte Staffel der israelischen TV-Serie Fauda an. Der Titel bedeutet auf Arabisch Chaos, im israelischen Geheimdienst dient das Wort als Warnung, wenn eine Tarnung auffliegt. In den zwölf neuen Folgen dreht sich alles um den israelisch-arabischen Konflikt, der Stoff für diverse Serienthriller bietet. Seit der ersten Staffel kennen wir die Mitglieder einer israelischen Undercover-Eliteeinheit des Militärs, die im Westjordanland und im Gaza-Streifen operiert. Die Macher der Serie greifen auf bewährte Spannungsrezepte zurück: harte Action, komplizierte Liebesaffären, klischeehafte Männerfreundschaften und verführerische Protagonistinnen. Die Aufzählung lässt sich beliebig verlängern: unfähige Chefs, korrupte Politiker, mordlustige Terroristen…

Wo Protagonist Doron Kavillio ist, herrscht das Chaos. Gespielt wird der Grenzgänger von Lior Raz, der die Idee zur Serie mit dem Journalisten Avi Issacharoff entwickelt hat. Beide schöpfen aus ihrer Erfahrung: Sie haben früher für eine Spezialeinheit des israelischen Militärs gearbeitet, die oft verdeckt in den Palästinensergebieten operierte. Das ist auch die Aufgabe von Kavillio und seinem Team. Allerdings wird einem Angst und Bange bei der Vorstellung, dass Leute wie diese Truppe für die Sicherheit Israels zuständig wären. Doron und seine Freunde handeln allzu gern nach Gefühl, missachten Befehle, rennen anscheinend zielsicher ins Verderben. Daraus resultiert aber ständige Hochspannung, die dafür sorgt, dass die riesigen Logiklöcher übersehen werden. Faszinierend an Fauda sind die authentischen Drehorte und die offensichtliche Spielfreude der Schauspieler. Zwar ist die Perspektive eine rein israelische, es wundert schon, dass die Palästinenser immer nur zweite Sieger sind. Da Szenen immer wieder komödiantische, sogar skurrile Züge zeigen, wollen wir nicht allzu streng urteilen und uns einfach über spannende, gut gemachte Unterhaltung freuen."

Den Trailer zur Serie findet Ihr hier.

Frankfurt im Nationalsozialismus: Hans Fricks "Die Blaue Stunde"

Valentino Massoglio neben dem Buchcover von "Die Blaue Stunde"
Valentino Massoglio, Mitarbeiter in unserer Bibliothek und dem Archiv, empfiehlt Hans Fricks Buch "Die blaue Stunde".

Der Autor Hans Frick ist manchen Frankfurter*innen sicherlich ein Begriff. Valentino Massoglio, Mitarbeiter in unserer Bibliothek und dem Archiv, empfiehlt sein Buch "Die blaue Stunde".

"In dem autobiographischen Buch erzählt der Autor vom Aufwachsen im Frankfurter Arbeiterviertel Gallus während der NS-Zeit. Als uneheliches Kind eines jüdischen Vaters und einer alleinerziehenden christlichen Mutter ist die Kleinfamilie der offenen Verachtung und dem Hass der Nachbarn ausgesetzt. Frick erzählt von der permanenten Angst "abgeholt zu werden", von den alliierten Bombardements, vom ärmlichen proletarischen Milieu des Gallus und von seiner Mutter, die immer stärker unter der Schwere der erfahrenen Ungerechtigkeiten zu leiden hat.

'Jetzt brauchen wir aber keine Angst mehr zu haben', sagt die Mutter zu ihrem Sohn, als der Krieg vorbei ist. 'Ihr Verhalten allerdings ließ erkennen, daß sie anders empfand und in Wirklichkeit selbst nicht glaubte, was sie sagte.' Obwohl vom Nationalsozialismus befreit, sind die Nachbarn noch die gleichen geblieben. Die Verachtung für die, die ganz unten in der Gesellschaft stehen, existiert ungebrochen fort.

Hans Frick hat ein eindringliches literarisches Zeitzeugnis über Frankfurt im Nationalsozialismus und der unmittelbaren Nachkriegszeit abgelegt, das heute leider weitgehend vergessen ist. Das Buch wurde 1985 von Sohrab Shahid Saless verfilmt und ist nur noch antiquarisch erhältlich."

Ausgabe der Abbildung: Hans Frick, Die blaue Stunde, Berlin-Weimar Aufbau Verlag , 1978.

Schlagwortsammlung

Kommentare

Ich möchte der Ruhestat von Reisel, die Mutter des Chasam Soifer besuchen. Können Sie mir helfen?

07.10.2021 • Daniel Bergmann

@Daniel Bergmann: Den alten jüdischen Friedhof in der Battonnstraße mit dem Grab von Reisel können Sie außer montags und samstags besuchen. Den Schlüssel erhalten Sie an der Kasse des Museum Judengasse.

27.07.2022 • Onlineredaktion JMF

Ihr Kommentar

* / Plichtfelder