Historische Darstellung der Judengasse gegen Ende des 18. Jahrhunderts

Geschichten aus der Frankfurter Judengasse

Blicke in den Alltag des frühneuzeitlichen jüdischen Viertels
08. Juli 2024

Wie lebten die Menschen in der Judengasse, dem frühneuzeitlichen jüdischen Ghetto Frankfurts, dem ersten seiner Art in Europa? In diesem Blogbeitrag werfen wir Blicke in verschiedene Lebensbereiche und auf Ereignisse, die die Geschichte der Judengasse prägten.

Jüdische Pferdehändler auf dem Frankfurter Rossmarkt

Ausschnitt vom Merianplan Frankfurts mit dem Roßmarkt
Ausschnitt vom Stadtplan von Frankfurt am Main von Matthäus Merian dem Jüngeren, 1682 (Aktualisierte Auflage des Stadtplans der Erstauflage von 1628 (von Merian d.Ä.); Historisches Museum Frankfurt

Den ersten gesicherten Nachweis über die Existenz eines jüdischen Pferdehandels in Frankfurt stammt aus dem Jahre 1545. Dort wird über den Pferdehandel des Lejb zum Riesen berichtet. 1546 wird in einer Quelle außerdem der Handel des Jerts Zons zur Sonne und seines Sohnes Zalman erwähnt. Aus dem Jahre 1608 ist die Nachricht überliefert, dass dem jüdischen Rosskamm Majer Goldschmidt zur Lilie die Frankfurter Stättigkeit gewährt wurde und im Jahre 1612 wird auch Josef zum Hirschhorn als Pferdehändler erwähnt. 

Anklagen der Frankfurter Bürgerschaft aus dem Jahre 1612 warfen den Juden vor, dass sie „mit Pferd, Ochsen und Viehe...zukaufen und zuverkaufen." Offenbar war nichtjüdischen Händlern die jüdische Konkurrenz und deren Sichtbarkeit ein Dorn im Auge. Mit der zeitweisen Vertreibung der Juden aus Frankfurt während des Fettmilch-Aufstandes 1614/1615 erlosch der jüdische Pferdehandel in der Stadt fürs Erste.

Der Verkauf von Pferden fand auf dem Frankfurter Rossmarkt statt. Dies regelte ein Erlass aus dem 16. Jahrhundert, welcher diesen Platz als Verkaufsort zwingend vorschrieb. Hier verkauften christliche und jüdische Pferdehändler ihre Tiere gemeinsam. Mit dem dreißigjährigen Krieg stieg auch die Nachfrage nach Pferden stark an und der Pferdehandel in Frankfurt gewann an Bedeutung. Zwischen 1688 und 1707 wurde jedoch ein Handelsverbot mit Frankreich erlassen. Durch den Wegfall der französischen Hauptabnehmer brach der Handel auf dem Rossmarkt stark ein. Gerade die ortsfremden, jüdischen Pferdehändler verkauften ihre Tiere ohnehin nicht mehr dort, sondern auch zu Messezeiten in den umliegenden Ortschaften.

Buchhandel in Judengasse

Titelblatt eines hebräischen Drucks von 1704
Ausschnitt von einem reich verzierten Titelblatt eines hebräischen Kommentars zu Mishna-Traktaten des Frankfurters Naftalie HaKohen von 1704, aller Wahrscheinlichkeit nach in einer christlichen Frankfurter Druckerei gedruckt.

Durch den Zunftzwang und die fehlende Gewerbefreiheit existierten bis Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Frankfurt keine jüdischen Drucker. Im Gegensatz zum Buchdruck war der jüdischen Bevölkerung Frankfurts der Handeln mit Büchern allerdings nicht verboten worden. So gab es in der Frankfurter Judengasse immerhin zwei Buchhandlungen. Da war etwa das Geschäft des Buchhändlers Amschel zur Maise (Maaß). Sein Geschäft wurde nach seinem Tod im Jahr 1684 von seinem Sohn weitergeführt. Auch David T. Schiff ist im 17. Jahrhundert als Buchhändler aufgeführt. Zudem gab es Gewölbe, die auch außerhalb der Judengasse von Juden angemietet werden durften und besonders zu Messezeiten fand hier ein reger Handel mit hebräischen Büchern statt. Zugleich fungierten die hier genannten Buchhändler auch als Verleger.

Die Frankfurter Juden, die ihre Bücher – egal ob in hebräischer oder jiddischer Sprache – in Auftrag geben wollten, hatten (zumindest im 18. Jahrhundert) die Möglichkeit, in das nahe Umland Frankfurts auszuweichen, zum Beispiel zu jüdischen Druckereien in Hanau, Rödelheim oder Offenbach. Oft jedoch sie aber auch mit christlichen Druckereien innerhalb der Frankfurter Stadtgrenzen zusammen. In Frankfurt wurden hebräische Bücher zum Beispiel von der Druckerei Wust gedruckt, die sich damals in der Kleinen Schlesinger Gasse befand. Da Christen in der Regel des Hebräischen nicht mächtig waren, beschäftigten die betreffenden christlichen Druckereien jüdische Setzer und Korrektoren. Auch die bereits genannten jüdischen Buchhändler und Verleger Maaß und Schiff arbeiteten eng mit der Druckerei Wust zusammen.

Nicht nur die jüdische Gemeinde war also auf die christlichen Drucker angewiesen. Umgekehrt profitierten christliche Druckereien auch von ihren jüdischen Auftraggebern. In diesem Wirtschaftszweig gab es also eine enge Zusammenarbeit zwischen der jüdischen und der christlichen Bevölkerung Frankfurts.

Sozialwesen in der Judengasse

Abbildung des Hauptbuchs des Wohlfahrtsfonds und der Garküche der Jüdischen Gemeinde Frankfurt
Das Hauptbuchs des Wohlfahrtsfonds und der Garküche der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, zu sehen im Museum Judengasse.

In der Frankfurter Judengasse gab es einst ein ausgeklügeltes soziales System, das dazu diente die Schwächsten zu unterstützen. Ein Beispiel hierfür ist die kostenlose Verpflegung von armen und fremden Jüdinnen und Juden. 

Das geschah mit Hilfe sogenannter Pletten. Abgeleitet wurde dieses Wort von dem altfranzösischen Wort Billette (heute Billett). Dabei handelte es sich um eine Art Gutschein, der von den Bedürftigen eingelöst werden konnte. Je nach Vermögen lieferten die Frankfurter Gemeindemitglieder eine bestimmte Anzahl dieser Pletten mit der Angabe ihres Namens bei der Gemeindeverwaltung ab. Für jede abgegebene Plette verköstigten diese Gemeindemitglieder dann einen bedürftigen Menschen. Diese Art der Unterstützung konnte auch durch einen direkten finanziellen Betrag ersetzt werden. 

In der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts kam es in der Judengasse zu politischen Konflikten und Verwerfungen innerhalb des Gemeindevorstands. Die Verwaltung brach zusammen und das System konnte kurzzeitig nicht mehr fortgesetzt werden. Die Gemeinde machte es sich dennoch zur Aufgabe, die bedürftigen Menschen weiterhin zu unterstützen und ernährte sie auf Gemeindekosten in einer Garküche. In manche Wochen kamen auf diese Weise große Ausgaben von 50 Gulden zusammen. Das hier abgebildete Hauptbuch des Wohlfahrtsfonds und der Garküche der Jüdischen Gemeinde Frankfurt aus dieser Zeit ist im Museum Judengasse zu sehen.

Hochzeiten in der Judengasse

Hochzeithaus in der Frankfurter Judengasse
Die Zeichnung zeigt das Hochzeithaus in der Frankfurter Judengasse.

Hochzeiten sind meist freudige Ereignisse und aus jüdisch-religiöser Sicht die Voraussetzung, um eine Familie zu gründen. So selbstverständlich wie das klingt, waren Hochzeiten zu Zeiten der Frankfurter Judengasse jedoch nicht. Im Jahr 1616 wurde vom Rat der Stadt Frankfurt in der Stättigkeit festgelegt, dass nur zwölf jüdische Ehen innerhalb eines Jahres geschlossen werden durften. Wenn man bedenkt, dass im 17. Jahrhundert crica 2.700 Menschen in der Frankfurter Judengasse lebten, ist das eine sehr kleine Zahl. Viele Heiratswillige mussten aus diesem Grund jahrelang auf ihre Hochzeit warten oder gar die Stadt verlassen. 

Umso aufsehenerregender muss eine Hochzeit im Jahr 1681 auf die Menschen gewirkt haben. Isaak Kann, der damals wohl einflussreichste Mann der Frankfurter Judengasse, verheiratete seine Tochter Scheynle mit Mosche Speyer. Die Hochzeit von Scheynle und Mosche wurde vom Brautvater überaus luxuriös ausgerichtet. Nicht nur die anerkanntesten jüdischen Familien wurden zu dem pompösen Fest geladen, sondern auch zahlreiche christliche Bürger und sogar Adelige befanden sich unter den Feiernden. Die Gäste wurden reich bewirtet und für ihre Unterhaltung sorgte eine jüdische Pantomimentruppe. 

All das erregte das Missfallen des Rates: Die Zuschaustellung von zu großem Luxus bei Feierlichkeiten war Juden nicht gestattet und Isaak Kann musste die enorme Summe von 1.000 Gulden als Strafe entrichten. Wie es der damaligen Tradition entsprach, wurde dem Brautpaar eine Schabbat-Lampe, ein Kiddusch-Becher und ein Chanukka-Leuchter geschenkt. Letzterer ist heute im Museum Judengasse zu besichtigen.

Wünscht Ihr Euch auch manchmal, durch die Zeit reisen zu können um zu sehen, wie Frankfurt früher aussah? Im Gewölbekeller "Goldener Apfel" zeigen wir eine Ausstellung zur Geschichte der Judengasse. Dort gibt es auch eine Virtual Reality-Anwendung mit einer virtuellen Rekonstruktion der Frankfurter Judengasse in ihrem Zustand von 1862.

Screenshot aus der VR-Rekonstruktion der Frankfurter Judengasse

Kaiserkrönungen in Frankfurt und die Frankfurter Juden

Gebet des Frankfurter Oberrabbiners Pinchas Horowitz zur Kaiserkrönung Leopold II., 1790
Gebet des Frankfurter Oberrabbiners Pinchas Horowitz zur Kaiserkrönung Leopold II., 1790 © Jüdisches Museum Frankfurt

Im Oktober 1790 wird Leopold II. im Kaiserdom St. Bartholomäus zum vorletzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt. „Der Pracht, Geschmack der Wagen, der reichen Geschirre, und noch reicheren Livreen der zahlreichen Bedienten, ist auffallend, und Eleganz und Prunk davon geht bis zur Verschwendung.“ So wird im Journal des Luxus und der Moden aus dem Jahr 1790  ausführlich berichtet. Auf dem Römerberg wurden, wie es auch bei früheren Krönungsfeierlichkeiten üblich war, Ochsen am Spieß gebraten und der Wein im Justitiabrunnen diente, nachdem das Erzamt ausgeübt worden war, dem Volk als Weinquelle. Es herrschte Volksfeststimmung und das Gedränge auf dem Römerberg war groß. 

Die jüdische Bevölkerung Frankfurts durfte in der Regel nicht an diesem Spektakel teilnehmen. Die Tore der Frankfurter Judengasse blieben an den Tagen der Kaiserkrönung geschlossen. Dennoch feierte man auch in der Frankfurter Judengasse ausgelassen und fröhlich. Die Synagoge wurde festlich mit zahlreichen Wachskerzen illuminiert und sowohl christliche als auch jüdische Besucher:innen wurden mit ungarischem Wein bewirtet. Auch eine große Armenspeisung fand in der Frankfurter Judengasse statt. So nahm die jüdische Gemeinde zumindest symbolisch an den barocken Feierlichkeiten teil. Wie sehr sich die jüdische Bevölkerung mit dem Kaiser und dem Römisch-Deutschen Reich identifizierte, zeigt sich auch in einem Gebet, welches der amtierende Oberrabbiner Pinquas Horowitz zu Ehren des Kaisers Leopold II. verfasste. Die hebräischen Anfangsbuchstaben der Gebetszeilen ist hier Leopoldus, zu Ehren des Kaisers. Das Gebetblatt ist im Museum Judengasse ausgestellt. 

Hauszeichen in der Frankfurter Judengasse

Detailaufnahme eines Grabsteins auf dem Alten Jüdischen Friedhof Frankfurt
Das Hauszeichen Hase auf einem Grabstein auf Frankfurts ältestem jüdischen Friedhof, direkt neben dem Museum Judengasse in der Battonnstraße gelegen.

Goldenes Schwert, weißer Stern, Halbmond, Paradies und Einhorn – so schön und märchenhaft klingen die Hauszeichen ehemaliger Frankfurter Jüdinnen und Juden im Ohr. Aber was sind eigentlich Hauszeichen? Als es noch keine Hausnummern gab, wurden individuelle Zeichen in größeren Städten an den Häusern angebracht, um Verwechslungen unter den Bewohner:innen zu vermeiden. Diese bildhaften Motive wurden später auch auf jüdischen Grabsteinen eingemeißelt. Manchmal wurden diese Hauszeichen auch überregional populär und verbreiteten sich durch die Familien auch in andere Städte und befinden sich heute somit auch auf anderen jüdischen Friedhöfen.

Wir werfen heute einen Blick auf das vermutlich kleinste Haus in der Judengasse: Das Haus Roter Hase wurde 1533 für Salomon erbaut, der später Salomon zum Hasen genannt wurde. Er musste seinerzeit ganze 100 Gulden dafür bezahlen. Nachdem Salomon 1559 gestorben war, wurde sein Haus mehrfach umgebaut und das Gelände aufgeteilt. Mehrere Nachbarhäuser gingen daraus hervor. Am Ende dieser Umgestaltungen war der Rote Hase nur noch ein Anhängsel seines Nachbarhauses Amsel. Es hatte nur noch eine Frontbreite von ca. 1,25 Metern und doch lebten dort zu Beginn des 18. Jahrhunderts acht Personen.

Bei den großen Bränden in der Judengasse in den Jahren 1711, 1721 und 1796 wurde das Haus Hase dreimal zerstört. Während es nach den beiden ersten Bränden wiederaufgebaut wurde, entschied man sich nach dem Brand von 1796 für eine großzügige Neugestaltung des gesamten nördlichen Gassenareals. Das Haus verschwand dabei endgültig aus dem Frankfurter Stadtbild.

Eine Übersicht über sämtliche Häuser der Judengasse und ihre Hauszeichen findet Ihr auf dieser Website.

Unterricht für Kinder in der Judengasse

Alef-Bet-Tafel für Kinder zum Erlenen des Hebräischen aus dem 17. Jahrhundert
Alef-Bet-Tafel für Kinder zum Erlenen des Hebräischen, 17. Jhd. © Jüdisches Museum Frankfurt

Wie lernten Kinder in der Frankfurter Judengasse vor 300 Jahren? Der Unterricht in der Frankfurter Judengasse galt für Jungen als religiöse Pflicht und begann mit 5 oder 6 Jahren. Die Kinder wurden an Schawuot, also im Frühling, eingeschult. Sie bekamen hauptsächlich religiöse Bildung vermittelt. Sie übten die hebräischen Buchstaben, begannen aber schon bald mit der Übersetzung einzelner Bibelabschnitte vom Hebräischen ins Jiddische – der Umgangssprache innerhalb der Jüdischen Gemeinde. Bereits Ende des achtzehnten Jahrhunderts wurden Buchstabentabellen gefertigt, die man als Vorläufer modernerer Lesefibeln bezeichnen könnte.

Der Unterricht wurde meist von jungen Studenten – Religionsschülern –  erteilt und fand entweder in Wohnungen der eigenen Eltern oder in der Wohnung von Schülern statt. Die Schülerzahl war auf zehn Schüler je Lehrer beschränkt. War ein Hilfslehrer anwesend, wurde die Schülerzahl auf 30 angehoben. Die Jungen besuchten den Unterricht vom 6. bis zum 13. Lebensjahr. Im Alter von 13 Jahren wechselten die Jugendlichen gewöhnlich auf eine Jeschiva, eine Religionsschule, auf der sie oft bis zur Hochzeit oder auch länger studierten.

Auch Mädchen bekamen oft Unterricht, dieser war aber nicht formal geregelt. Ihnen wurde praktische religiöse Bildung und Fähigkeiten im Haushalt vermittelt. Es gab religiöse Literatur, die speziell für Frauen gedruckt wurde, doch auch Unterhaltungsliteratur wurde in der Frankfurter Judengasse von Frauen gelesen. Das belegt, dass die meisten keine Analphabetinnen gewesen sein dürften.

1840, als die Judengasse keinen Bestand mehr hatte, erbaute die Israelitische Gemeinde das erste Schulhaus. Hier wurden jüdische und christliche Kinder gleichermaßen unterrichtet. Das   Hauptaugenmerk des Unterrichts lag auf religiöser Bildung, säkulares Wissen wurde den Kindern nicht vermittelt. 

Die Sprache in der Judengasse: das Westjiddische

Westjiddische Übersetzung der Liebesgeschichte von "Floire et Blancheflor"
Westjiddische Übersetzung der Liebesgeschichte von "Floire et Blancheflor", ausgestellt im Museum Judengasse. Diese Übersetzung der Geschichte aus dem 12. Jahrhundert wurde 1724 in Bad Homburg gedruckt. Hier heißt der Roman dann: "Di beschtendige libschaft fun Floris un Plankefler".

Schmusen, Mischpoche, Zores, Ganove – diese Wörter verwenden wir mit großer Selbstverständlichkeit in der deutschen Sprache. Was viele nicht wissen: diese und viele andere Alltagsbegriffe entstammen dem Jiddischen. In diesem Beitrag soll es speziell um das Westjiddische gehen, das auch in der Frankfurter Judengasse gesprochen wurde.

Während das Ostjiddische auch heute noch in manchen Communities etwa in Israel oder den USA gesprochen wird, ist das Westjiddische so gut wie ausgestorben. Die Anfänge dieser Sprache liegen wahrscheinlich im 10. Jahrhundert in Mittel-und Westeuropa. Ab dem 16. Jahrhundert wurden viele Werke in westjiddischer Sprache gedruckt. Zu nennen ist etwa Elijah Levita, der 1469 in Ipsheim oder in Neustadt an der Aisch geboren wurde. Er verfasste in westjiddischer Sprache einen Versroman, der als sogenanntes Bovo-Buch ungeheure Popularität erlangte. Es handelt sich dabei um einen jiddischen Ritterroman!

Auch in der Frankfurter Judengasse war Westjiddisch die verbreitete Umgangssprache. Im Museum Judengasse kann man u.a. interne Dokumente der Jüdischen Gemeinde aus dem 18. Jahrhundert besichtigen. Beispielsweise das weiter oben bereits gezeigte Wohlfahrtsbuch, das Berechnungen für Suppenspeisungen auflistet. Geschrieben wird Jiddisch darin wie üblich in hebräischen Buchstaben.

Im Zuge der Aufklärung wurde das Westjiddische im Laufe des 18. Jahrhundert hauptsächlich durch das Deutsche abgelöst. In diesem Blogbeitrag erfahrt Ihr mehr über das Westjiddische.

Freizeit in der Judengasse

Wie sah eigentlich die Freizeit von Jüdinnen und Juden in der Frankfurter Judengasse aus? Trieb man Sport? Spielte man Musik? Ging man in Wirtshäuser? Es gibt einige wenige historische Quellen, die hierüber Zeugnis ablegen. Eine Zerstreuung vom Alltag sowohl für die christliche als auch für die jüdische Bevölkerung boten die zahlreichen Messen, die in Frankfurt regelmäßig abgehalten wurden. Während dieser Zeit errichteten Gaukler:innen, Schauspieler:innen und Komödiant:innen ihre Zelte oder Schaubühnen in der ganzen Stadt oder traten in Gasthäusern vor begierigem Publik auf. 

Auch jüdische Musikanten beteiligten sich an diesem fröhlichen bunten Treiben, war es ihnen doch erlaubt, in der Stadt aufzuspielen. So tat sich zum Beispiel im 16. Jahrhundert ein Mann namens Seligmann im Lautenspiel hervor. Während es den Frankfurter Juden verboten war, sich zum Spiel in den Wirtshäusern zu treffen, traf dies nicht auf auswärtige Juden zu. Ein Ort, an dem man sich zum Spielen traf war der Maulbeerhof in der Töngesgasse.

Sport wurde in der Judengasse ebenfalls getrieben: Mitte des 18. Jahrhunderts wurde eine Schützengesellschaft gegründet. Im Bleichgarten wurde nun zur sportlichen Betätigung und Zerstreuung das Scheibenschießen geübt. Dies wurde jedoch vom christlichen Rat, den man zuvor nicht um Erlaubnis bat, schnell wieder verboten – es sollte nun noch hundert Jahre dauern, bis die Jüdische Turn-und Sportbewegung ihren Anfang nahm.

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