Ausstellungen, Kunstwerke und Vitrinen: Museen sind Einrichtungen mit vielen Bestandteilen. Die Bildung und Vermittlung in Museen versucht die gezeigten Inhalte für diverse Besucher*innengruppen interessant zu aufzubereiten und neue Perspektiven kennenzulernen. Um diesen Aspekt der Museumsarbeit zu stärken, wurde die Initiative lab.Bode ins Leben gerufen. Was deren Ziele sind und wie wir im Jüdischen Museum Frankfurt davon profitieren konnten, berichtet unsere lab.Bode-Volontärin Fenja Fröhberg.
Wie der Name bereits vermuten lässt, ist dielab.Bode. Intitative zur Stärkung der Vermittlungsarbeit in Museen am Bode-Museum in Berlin angesiedelt. Sie ist ein gemeinsames Programm der Kulturstiftung des Bundes und der Staatlichen Museen in Berlin, um bundesweit die Vermittlungsarbeit in Museen zu stärken. Das von Juli 2016 bis September 2021 dauernde Modellprojekt besteht aus drei Teilen:
lab.Bode am Bode-Museum
In dem Gebäude auf der Museumsinsel wurden drei Vermittlungsräume im Sammlungsrundgang eingerichtet. In den Freiraum, Denkraum und Plattform genannten Räumen gibt es modulares Mobiliar für Gesprächsrunden mit Gruppen, für künstlerisches Arbeiten, zum Tanzen oder zum Vertiefen in Literatur. Regelmäßig findet eine Diskursreihe mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten aus dem Feld der Vermittlung wie Diversität oder Partizipation hier statt. Die Arbeit der Initiative wird durch critical friends von außen hinterfragt, sie vertiefen einzelne Themengebiete und führen zu einer reflektierten Praxis. Die Sammlung des Bode-Museum wird zudem durch Expert*innen unterschiedlichster Disziplinen, den lab.Bode residents vor Ort aus verschiedenen Blickwinkeln neu erkundet und betrachtet. Nach ihrem Aufenthalt hinterlassen die Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen einen Impuls für die Arbeit des Programms, der zum Beispiel die Basis für die Entwicklung eines neuen buchbaren Angebots oder eines Schulprojekts s bilden. Wie verändert sich die Wahrnehmung der Sammlung in einem Museum durch die Augen einer Mathematikdidaktikerin? Welche Fragestellungen sind für Museen wie dem Bode-Museum zum Thema Religion aktuell relevant?
Zusammenarbeit mit Schulen
Das Vermittlungslabor im Bode-Museum ist der Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit mit neun Berliner Schulen. In verschiedenen Formaten werden hier experimentelle Vermittlungsformate entwickelt, ausprobiert, evaluiert und weiterentwickelt. In sehr unterschiedlichen Programmen stellen die Schüler*innen sich zusammen mit Künstler*innen der Frage: "Was hat das mit mir zu tun?", und begegnen in verschiedenen künstlerischen Prozessen den Kunstwerken des Museums. Die dort entwickelten Ansätze und Konzepte sind als Inspiration für neue Vermittlungsprojekte in anderen Museen Deutschlands gedacht. Für diesen Zweck hospitieren Volontär*innen aus den Partnermuseen bei den Projekten, um später ihre eigenen Projekte daraus zu entwickeln.
lab.Bode-Volontariate an Museen
Für die Professionalisierung fördert Lab.Bode bundesweit 23 wissenschaftliche Volontariatsstellen im Bereich Bildung und Vermittlung an ganz unterschiedlichen Museen, darunter auch am Jüdischen Museum Frankfurt. Hier habe ich im Rahmen des lab.Bode-Programms für zwei spannende Jahre gearbeitet. Hinzu kam ein begleitendes Fortbildungsprogramms an den verschiedenen Partnermuseen. So hatten wir Gelegenheit, uns überregional zu vernetzen und miteinander in einen spannenden Austausch über aktuelle Ansätze und Themen der Kunstvermittlung zu kommen. Das Fortbildungsrogramm wurde in Zusammenarbeit mit der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel entwickelt. In sieben Modulen haben wir uns auf dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand mit Begriffen wie Kollaboration, Partizipation, Raum und Sichtbarkeit im Kontext von Museologie befasst und eigene Projekte mit Schulen geplant und umgesetzt.
Alle Ergebnisse aus den verschiedenen Bereichen von lab.Bode werden im nächsten Mai bei einem großen Festival präsentiert: Neben den Projekten der Volontär*innen werden hier die unterschiedlichsten Schulprojekte, ein digitaler Baukasten sowie verschiedene Aktionen und Performances zu erleben sein.
Kunstvermittlung am Jüdischen Museum Frankfurt
Das Jüdische Museum Frankfurt hat bereits seit seiner Gründung eine Kunstsammlung. Im Rahmen der neuen Dauerausstellung, die am 21. Oktober 2020 eröffnet, wird diese noch prominenter präsentiert und durch zeitgenössische künstlerische Arbeiten ergänzt. Für die Vermittlung dieses Sammlungsbereichs hat sich das Museum beim lab.Bode Programm beworben – und so kam ich im Sommer 2018 zu meiner Stelle am Haus. Seither habe ich mit meinen Kolleg*innen Konzepte zur Vermittlung der Werke von jüdischen Künstlern wie Jakob Nussbaum, Moritz Daniel Oppenheim entwickelt. Im Museum Judengasse fanden zeichnerische Erkundungen der Ausgrabungen statt.
Ein Projekt mit Hindernissen
Im Rahmen von lab.Bode war die Konzeption und Durchführung eines Projekts mit einer Schulklasse vorgesehen. Mein Plan war eine Projektwoche zum Thema Selbstbildnisse, von denen es in der neuen Dauerausstellung des Jüdischen Museum einige gibt. Fragen, die ich hierbei zusammen mit den Schüler*innen bearbeiten wollte, waren beispielsweise: Wie stelle ich mich selbst in Social Media dar? Wie haben sich die Menschen in den Bildern der Sammlung malen lassen? Durch die verschobene Eröffnung des neuen Jüdischen Museums konnte ich das leider nicht wie geplant realisieren. Im Frühjahr 2020 begann ich daher ein anderes Projekt mit einer Schulklasse. Dabei wollten wir nach einigen Vortreffen in der Schule einen zeichnerischen Zugang zum Museum entwickeln, der auch für andere Schulklassen aufschlüsselt, wie ein Museum funktioniert und was die Schüler*innen daran hindert ins Museum zu gehen. Durch den Corona-Lockdown und die folgenden Änderungen im Schulbetrieb war auch hier die Fortsetzung nicht möglich. Aus dieser Situation heraus entstand die Idee für ein Kartenset, mit dem ein Gesprächseinstieg mit diversen Gruppen über Museen im Allgemeinen erleichtert werden soll.
Das Kartenset "museum. get in touch"
Museen sind langweilig und teuer: Aus dieser Annahme heraus besuchen viele Menschen in ihrer Freizeit keine Museen. Das Museum wird als ein Ort mit vielen Barrieren wahrgenommen. Seien es die vielen schweren Texte oder einfach die Empfindung, irgendwie nicht so richtig in ein Museum zu passen. Ausgehend von dieser Beobachtung habe ich ein Kartenset entwickelt, mit dem der Besuch in ganz unterschiedlichen Museen reflektiert werden kann. Die Auseinandersetzung mit den Themen soll ermöglichen, über das Museum als System, seine Bedingungen, die Entstehung der dortigen Perspektiven und Barrieren der Zugänglichkeit zu sprechen. Durch eine Beschränkung auf eine Auswahl an Karten kann der Fokus auf einzelne Aspekte gelenkt werden. Im Museum selbst können Schüler*innen beispielsweise untersuchen, aus welchen Bestandteilen eine Ausstellung besteht oder welche Rolle die Lautstärke im Museum spielt. Welches Objekt passt denn überhaupt zum Thema Lautstärke? Und was hat Kleidung oder Hautfarbe mit einer kulturellen Einrichtung zu tun?
In Zusammenarbeit mit der Illustratorin Seda Demiriz entstand ein Set aus 30 Karten und eine Broschüre mit Anwendungsvorschlägen. Jede Karte ist einem anderen Begriff zugeordnet,wie Kurator*in, Sicherheit oder Herkunft. Ein knapper glossarischer Text auf der Rückseite wird durch Fragen ergänzt, die zu eigenen Verbindungen und Gedanken anregen: Welche Geschichte würdest Du gerne in einem Museum erzählen? Worüber könntest Du ohne Probleme selbst eine Ausstellung machen? Welche Wege geht eigentlich ein*e Handwerker*in in einer Ausstellung?
Das Kartenset kann dabei allerdings nur ein Gesprächsanlass sein, der einen Freiraum schafft über individuell empfundene Hindernisse und Vorstellungen in Bezug auf Museen zu sprechen. Damit ist es kein fertiges Produkt, sondern muss auf jede Gruppe angepasst und zugeschnitten werden.
Hier findet Ihr das komplette Set mit weiteren Informationen zum Download.
Fragen und Anregungen können gerne an die Autorin gerichtet werden.
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