Léo Maillet: Der zerbrochene Spiegel

Kabinett-Präsentation im Jüdischen Museum Frankfurt

Kabinett-Präsentation „Léo Maillet: Der zerbrochene Spiegel“ im im dritten Stock der Dauerausstellung „Wir sind Jetzt“ im Jüdischen Museum Frankfurt, 21. März bis 16. November 2025

Das Jüdische Museum Frankfurt widmet dem künstlerischen Schaffen von Léo Maillet (1902 -1990) eine Kabinett-Präsentation mit dem Titel „Der zerbrochene Spiegel“. Die Präsentation wird am 20. März 2025 eröffnet und umfasst zwei Hängungen (2. Hängung ab 12. August), die bis zum 16. November 2025 im dritten Stock der Dauerausstellung im Rothschild-Palais zu sehen sind. Sie bietet einen Einblick in das Leben und Werk eines Künstlers und Grafikers, dessen Biografie und Kunst von der Schoa gekennzeichnet sind.

Léo Maillet, am 29. März 1902 in Frankfurt als Leopold Mayer geboren, musste das Kunststudium – zuletzt in der Meisterklasse von Max Beckmann – 1932 nach dem plötzlichen Tod seines Vaters abbrechen, um dessen Geschäft zu übernehmen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Werke zerstört, die er in seinem Atelier in der Städelschule zurückgelassen hatte. 1934 wanderte Maillet zunächst nach England und Belgien aus, kehrte aber vorübergehend wieder nach Frankfurt zurück, um 1935 schließlich über Luxemburg nach Frankreich zu emigrieren, wo er sich als Fotograf und Grafiker durchschlug. In das Internierungslager für Jüdinnen und Juden Rivesaltes verschleppt, drohte ihm 1942 die Deportation nach Auschwitz. Maillet gelang es, aus dem fahrenden Güterzug zu fliehen und sich unter falscher Identität in den französischen Cevennen zu verstecken. 1943 zerstörte die Gestapo mehr als 300 Bilder und Druckplatten, die er in seiner Pariser Wohnung zurückgelassen hatte. 1944 floh Maillet schließlich in die Schweiz, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.

Der Titel der Kabinettausstellung bezieht sich auf eine Zeichnung, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Maillets Flucht und Zerstörung entstand. Am Tag des Aufbruchs aus Paris zerbrach dem Künstler der Rasierspiegel. Mit wenigen Strichen skizzierte er sein Gesicht in den Spiegelscherben. Jahre später setzte er diese Zeichnung in eine Radierung um, die sich nun in der Sammlung des Jüdischen Museums befindet und Namensgeber der Kabinett-Präsentation ist. Sie bildet den Auftakt zu einer Präsentation von Selbstbildnissen, in denen Maillet seine widersprüchliche und prekäre Existenz in den Jahren von Flucht und Exil wiedergab. Die teils verfremdeten Darstellungen – das Spiegelbild ist zersplittert, der Kopf abgeschnitten – sind visuelle Reflexionen der Brüche und Traumata, die sein Leben prägten.

Kurzbiographie Leopold Mayer / Léo Maillet (1902 – 1990)

1902: Leopold Mayer kommt am 29 März in Frankfurt als Sohn von Eduard Mayer und dessen Frau Betty, geb. Nathan, zur Welt
1925: Beendigung einer Bank- und Kaufmannslehre, Studium an der Städelschule
1930: Aufnahme in die Meisterklasse von Max Beckmann, eigenes Atelier in der Städelschule
1932: Tod des Vaters, Übernahme des väterlichen Damenhutgeschäfts
1933: Machtübernahme der Nationalsozialisten, Maillet muss sein Studium beenden, zahlreiche seiner Werke in der Städelschule werden zerstört
1934: Auswanderungsversuch nach Luxemburg, England und Belgien
1935: Auswanderung nach Frankreich
1939: Internierung als feindlicher Ausländer
1940: Flucht in den unbesetzten Teil Frankreichs
1942: Verhaftung und Internierung in den Lagern Les Milles und Rivesaltes; Flucht aus dem Deportationszug nach Auschwitz, lebt unter falscher Identität als Hirte in den Cevennen
1944: Flucht in die Schweiz, Internierung in einem ehemaligen Hotel
1945-1950: Studium von Bühnenbild und Typographie in Basel und Lausanne; erste Illustrationen zu Kafka, Ausstellungen in der Schweiz, später in den Niederlanden, Paris und Italien
1950: Mitherausgeber der Kunstzeitschrift „Matière“
1971: Die Mappe Dämmerung („Entre chien et loup“), in der Maillet seine im Krieg entstandenen Zeichnungen als Radierungen adaptiert, erscheint
1990: Leo Maillet stirbt am 8. März in Bellinzona (Tessin)

Pressematerial zum Download

Léo Maillet „Hinter dem Vorhang …“, 1971, Radierung nach einer Tuschzeichnung von 1942 © Nachlass Léo Maillet: Daniel Maillet und Nikolaus Mayer (Download JPG)

Das Blatt bezieht sich auf seine Episode während der Flucht: Nachdem er aus dem Deportationszug nach Auschwitz gesprungen war, schlug sich Léo Maillet in die Provence durch. Er fand Unterschlupf auf dem Dachboden eines Schlosses. Als deutsche Truppen vor dem Schloss vorfuhren, rannte Maillet hastig in das Zimmer, wo einige seiner Sachen lagen. Er erschrak, als hinter einem Vorhang Schuhe sah und dachte, dass die Häscher schon auf ihn warteten. Dann fiel ihm ein, dass es seine eigenen Schuhe waren, die er dort einige Wochen zuvor abgestellt hatte.

Kunst und Exil

Das Jüdische Museum Frankfurt sammelt systematisch Werke von jüdischen Künstlerinnen und Künstlern, die in den Jahren von 1933 bis 1945 ins Exil gezwungen oder ermordet wurden. Es präsentiert diese Werke in fortwährendem Wechsel im Raum „Kunst und Exil“ im dritten Stock seiner Dauerausstellung im Rothschild-Palais und kommentiert so den Zivilisationsbruch, den die nationalsozialistische Machtübernahme bedeutete.

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