Zahlreiche seiner Bilder können als indirekte Kommentare zur Emanzipation der Juden in Deutschland im 19. Jahrhundert interpretiert werden. Auch sein eigenes Leben und seine künstlerische Karriere stehen exemplarisch für den sozialen Aufstieg des jüdischen Bürgertums. Im Gegensatz zu vielen anderen jüdischen Intellektuellen seiner Generation, etwa Heinrich Heine, Ludwig Börne oder Felix Mendelssohn Bartholdy, lehnte Oppenheim den Übertritt zum Christentum ab. Stets bekannte er sich zu seinen jüdischen Wurzeln.
Oppenheims berühmte "Bilder aus dem altjüdischen Familienleben" zeigen jüdische Rituale und die entscheidenden Lebensstationen in Form von Genreszenen. Sie können aber auch als Statement zur kulturellen Zugehörigkeit des deutschen Judentums verstanden werden. Oppenheim rückt mit Mitteln der historisierenden Genremalerei bürgerliche Werte wie Frömmigkeit, Familiensinn, Bildung und Respektabilität in den Vordergrund. Dadurch betont er zugleich Gemeinsamkeiten mit den Leitwerten des christlichen Bürgertums. Statt wie etwa später im Orientalismus das Exotische herauszuheben, ermöglichen die Bilder also aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft die Identifikation mit den fremden Traditionen und Bräuchen der Juden. Aus Sicht des deutschen Judentums zeigen sie nostalgisch das intakte Leben der Vätergeneration: nicht das Leben einer marginalisierte Minderheit sondern ein bürgerliches, bevor Juden in Deutschland gleiche Bürgerrechte gewährt wurden.
Bilder aus dem altjüdischen Familienleben I
Dargestellt ist eine Szene kurz vor der Beschneidung eines acht Tage alten männlichen Säuglings.
Die Szene zeigt den ersten Besuch des Kleinkinds in der Synagoge.
Der Rabbiner segnet einen Jungen nach dem Gottesdienst durch Handauflegung.
Im Studierzimmer des Rabbiners trägt ein Schuljunge das Gelernte aus seinem Talmudstudium vor.
Nach dem Gottesdienst hält der Junge zu Hause einen Vortrag über den Abschnitt in der Tora, den er gerade vorgelesen hat.
Das Brautpaar steht während der Trauung unter der Chuppa, dem Hochzeitsbaldachin.
Die häusliche Szene zeigt den Beginn des Schabbat am Freitagabend, bei dem die Frau des Hauses den Segen über die Lichter spricht.
Nach dem Abendgottesdienst segnet der Vater die Familie, bevor das festliche Schabbatmahl beginnt.
Die Szene veranschaulicht, dass der Schabbat, an dem Arbeit verboten ist, traditionell dem religiösen Studium widmet.
Am Schabbat kehrte in der geschäftigen Judengasse Ruhe ein, was die geschlossenen Fensterläden des Ladens veranschaulichen.
Bilder aus dem altjüdischen Familienleben II
Das Ende des Schabbat markiert die Hawdala-Zeremonie, bei der eine geflochtene Kerze gelöscht wird.
Purim, das an die Rettung der Juden in Persien erinnert, ist ein ausgelassenes Freudenfest, bei dem sich die Kinder verkleiden.
An Pessach, das oft mit dem christlichen Ostern zusammenfällt, erinnert man sich bei einem Festmahl an den Auszug der Israeliten aus Ägypten.
Die Torarolle im Zentrum der Darstellung verweist darauf, dass Schawuot an den Empfang der Gebote am Sinai erinnert.
Jom Kippur ist der höchste jüdische Feiertag, an dem gefastet und für die Vergebung der Sünden gebetet wird.
An Sukkot verbringt die Familie viel Zeit in einer Laubhütte, die daran erinnert, dass die Israeliten beim Auszug aus Ägypten nicht in festen Häusern wohnten.
Die Szene zeigt das Brauchtum am achttägigen Chanukkafest, an dem Kerzen angezündet und Spiele gespielt werden.
Oppenheim stellt hier der Karikatur des gewinnsüchtigen jüdischen Hausierers einen respektablen Wanderhändler entgegen.
Das Bild zeigt einen Gottesdienst jüdischer Soldaten aus verschiedenen deutschen Heeresabteilungen während des deutsch-französischen Kriegs 1870.
Die Szene aus den napoleonischen Kriegen betont den Patriotismus der deutschen Juden, die gegen die Franzosen kämpften, obwohl sie ihnen die Gleichberechtigung brachten.