Atrium im Lichtbau des neuen Jüdischen Museums von Staab Architekten

Zwei Zeiten, ein Ensemble

Die Architektur des neuen Jüdischen Museums

Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung beschloss 2012, das Jüdische Museum grundlegend zu erneuern und zu erweitern. Der Beschluss bezog sich auf die Sanierung des historischen Rothschild-Palais, dessen Erweiterung um einen Neubau, die Neugestaltung des Museums Judengasse und die Realisierung von zwei neuen Dauerausstellungen. Im Winter desselben Jahres begannen die Bauarbeiten zum neuen Jüdischen Museum, das am 21. Oktober 2020 eröffnet wird.

Mit der Erweiterung des Jüdischen Museums entsteht ein neuer Museumskomplex. Neben dem denkmalgeschützten Rothschild-Palais am Mainufer erhebt sich nun der Lichtbau von Staab Architekten. Gemeinsam bilden sie ein Gebäudeensemble, das von einem neuen öffentlichen Platz aus erschlossen wird. Dieser Museumsvorplatz bildet zugleich auch die Adresse des neuen Jüdischen Museums: Bertha-Pappenheim-Platz 1.

Restaurierung des historischen Rothschild-Palais am Mainufer

Die Sanierungsarbeiten erfolgten unter der Maßgabe, die historische Struktur und den Wohnhauscharakter des Rothschild-Palais wiederherzustellen. Die noch in ihrem ursprünglichen Zustand erhaltenen Räume des klassizistischen Wohnhauses wurden restauriert und stellenweise behutsam ergänzt, die postmodernen Einbauten aus der Gründungszeit des Jüdischen Museums hingegen zurückgebaut und der historische Raumzustand teilweise wiederhergestellt. Um einen barrierefreien Ausstellungsrundgang zu ermöglichen, wird das Palais nun durch zwei Aufzüge erschlossen. Die Ausstellungsbauten konzentrieren sich auf die Raummitte, so dass die historische räumliche Umgebung als solche stets erfahrbar bleibt.

Neue Dauerausstellung auf drei Etagen

Die neue Dauerausstellung wird auf drei Etagen und einer Fläche von rund 1.500 Quadratmetern präsentiert. Sie thematisiert die jüdische Geschichte Frankfurts von der jüdischen Emanzipation um 1800 bis zur Gegenwart. Das oberste Stockwerk ist dem jüdischen Leben in der Moderne gewidmet. Im zweiten Obergeschoss wird der Wandel von Traditionen und Ritualen in der Moderne präsentiert. Das Erdgeschoss widmet sich dem Alltagsleben dreier bekannter jüdischer Familien Frankfurts: Es sind die Familien Frank, Rothschild und Senger. Neben der Ausstellung umfasst das zweite Obergeschoss auch einen großzügigen Bereich für die Bildungsarbeit des Museums: das Studio Alef. Hier befindet sich eine Kinderwerkstatt mit Küche und ein Seminarraum mit moderner Veranstaltungstechnik.

Das neue Gebäude: Ein lichtdurchfluteter Solitär

Der neue Lichtbau von Staab Architekten ist als Solitär konzipiert und verdoppelt die Nutzfläche des Museums. Im weitläufigen Untergeschoss stehen über 600 Quadratmeter für Wechselausstellungen zur Verfügung. Das darüber liegende Erdgeschoss umfasst einen großzügigen Eingangsbereich auf zwei Etagen, einen Veranstaltungsraum für Vorträge und Symposien sowie einen Shop und die Garderoben. Darüber befindet sich das Deli, welches ein milchig-koscheres Speisenangebot vorsieht. Von besonderer Gestalt sind die Räumlichkeiten der neuen Bibliothek, die vollends in Eschenholz verkleidet und von einem großen Fenster geprägt wird. Sie soll in Zukunft insbesondere Kinder, Jugendliche und Familien mit eigenen Lesungen und Workshops zum Verweilen einladen. Für Forscherinnen und Forscher sind geschützte Räumlichkeiten vorgesehen, in denen Archivalien oder wertvolle Bücher eingesehen werden können. In den nichtöffentlichen Bereichen befinden sich Depoträume, Werkstätten und Büros.

Die räumliche Idee des Lichtbaus besteht in einem kraftvollen Monolith, der ein Gegengewicht zu dem klassizistischen Rothschild-Palais bildet. Die Innenraumgestaltung ist geprägt vom Gegensatz zwischen Sichtbetonoberflächen und warmer, heller Eschenholzvertäfelung. Durchbrüche, Lichteinfälle und Split-Level erzeugen ein besonderes Raumerlebnis. Das architektonische Zentrum des Solitärs bildet ein lichtdurchflutetes Atrium. Um dieses herum gruppieren sich die öffentlichen wie nicht-öffentlichen Räumlichkeiten, wobei große Fenster und Durchlässe den Blick aus dem Deli und der Bibliothek in den Eingangsbereich eröffnen.

Der Außenraum

Die strukturierte Fassadengestaltung des neuen Gebäudes greift die Struktur des Rothschild Palais auf. Sowohl die Betonung des Sockels als auch die horizontale Gliederung der klassizistischen Fassaden finden sich hier wieder. Darüber hinaus erhielten die Putzflächen beider Gebäude dieselbe helle Farbgebung. Die Terrasse des Delis verbindet die beiden Häuser und lädt zum Verweilen ein.

Zwischen Lichtbau und Rothschild-Palais öffnet sich ein einladender Museumsvorplatz, der von einer weithin sichtbaren Skulptur des Künstlers Ariel Schlesinger geprägt wird. Die Skulptur „Untitled“ besteht aus zwei in Aluminium gegossenen Baumskeletten, deren Kronen ineinandergreifen, wobei der eine Baum den anderen mit in den Himmel ragenden Wurzeln trägt. Das poetische Kunstwerk lässt diverse Deutungen zu.

Allgemeine Daten

Wettbewerbsentscheidung: 29. April 2013
Spatenstich: 3. Dezember 2015
Richtfest: 7. März 2018
Fertigstellung: Herbst 2020
Eröffnung: 21. Oktober 2020

Technische Daten

Bruttogeschossflächen: Altbau 3.649 qm, Neubau 4.211 qm
Nettoflächen: Altbau 2.287 qm, Neubau 2.380 qm
Ausstellungsflächen
Dauerausstellung: 1.417 qm
Wechselausstellung: 634 qm
Bibliothek: 269 qm
Archiv: 118 qm
Büros und Besprechungsräume: 552 qm
Pädagogikräume: 95 qm
Vortragssaal: 124 qm
Werkstätten: 59 qm

Planer
Bauherr: Stadt Frankfurt am Main
Architekt: Staab Architekten, Berlin

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Pressebilder zum Download

Das neue Jüdische Museum Frankfurt, Außenansicht
Das neue Jüdische Museum Frankfurt, links neuer Lichtbau von Staab Architekten, rechts historisches Rothschild-Palais.

Das architektonische ENsemble aus historischem Rothschild-Palais rechts und modernem Lichtbau links. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Atrium im Lichtbau des neuen Jüdischen Museums von Staab Architekten

Das lichtdurchflutete Atrium im Lichtbau des neuen Jüdischen Museums von Staab Architekten. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Treppenaufgang im Lichtbau des neuen Jüdischen Museums von Staab Architekten.

Treppenaufgang im Lichtbau des neuen Jüdischen Museums von Staab Architekten. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Wechselausstellungsbereich im Keller des Lichtbaus von Staab Architekten.

Über 630 Quadratmeter Wechselausstellungsfläche bietet der Keller des Lichtbaus von Staab Architekten. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Das historische Rothschild-Palais von der Mainpromenade aus.

Das renovierte Rothschild-Palais von der Mainpromenade aus. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Korridor im Rothschild-Palais mit historischem Stuck.

Korridor im Rothschild-Palais mit historischem Stuck. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Das Historische Treppenhaus im Stil der Neorenaissance im historischen Rothschild-Palais während der jüngsten Renovierung. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Historischer Rauchsalon im Stil Louis XIV. im Rothschild-Palais während der jüngsten Renovierung. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Ariel Schlesingers Skultpur "Untitled" (2019) auf dem Vorplatz des neuen Jüdischen Museums Frankfurt

Ariel Schlesingers Skultpur "Untitled" (2019) auf dem Vorplatz des neuen Jüdischen Museums Frankfurt. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

Ariel Schlesingers Skultpur "Untitled" (2019) auf dem Vorplatz des neuen Jüdischen Museums Frankfurt

Ariel Schlesingers Skultpur "Untitled" (2019) auf dem Vorplatz des neuen Jüdischen Museums Frankfurt. Foto: Norbert Miguletz © Jüdisches Museum Frankfurt. Download

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