Ludwig Landmann-Preis für Saul Friedländer

Auszeichnung für Mut und Haltung

Frankfurt, 25. September 2019: Saul Friedländer wird der erste Preisträger des "Ludwig Landmann-Preises für Mut und Haltung", den die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt vergibt.

Dies teilten der Vorsitzende der Gesellschaft, Andreas von Schoeler, und die Direktorin des Jüdischen Museums, Prof. Dr. Mirjam Wenzel, am Mittwoch in Frankfurt am Main mit. Die Preisverleihung wird am 29. März 2020 im Rahmen einer festlichen Gala stattfinden. Die Laudatio auf Saul Friedländer hält der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer.

Der Preis ist nach dem letzten demokratisch gewählten Frankfurter Oberbürgermeister vor der nationalsozialistischen Machtergreifung Ludwig Landmann benannt. Saul Friedländer erhält ihn für sein Lebenswerk.

Saul Friedländer wurde am 11. Oktober 1932 in Prag als Sohn jüdischer Eltern geboren. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht floh die Familie im März 1939 nach Paris. Er überlebte die nationalsozialistische Verfolgung und den Zweiten Weltkrieg unter falschem Namen in französischen Kinderheimen. Seine Eltern wurden 1942 bei einem Fluchtversuch in die Schweiz verhaftet und deportiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Saul Friedländer nach Israel aus und studierte Geschichte. Er lehrte u. a. von 1969 bis 1975 an der Hebräischen Universität in Jerusalem, anschließend an der Universität Tel Aviv, und hat seit 1988 die Professur für Geschichte an der University of California, Los Angeles, inne.

Saul Friedländer hat sich zeitlebens intensiv mit der Schoa und der Geschichte des Nationalsozialismus beschäftigt. In der Bundesrepublik Deutschland bekannt wurde er durch das viel diskutierte Buch Pius XII. und das Dritte Reich. Eine Dokumentation (Reinbek bei Hamburg 1965) ebenso wie durch seine Autobiografie Wenn die Erinnerung kommt (Frankfurt am Main 1979), in der er seine traumatischen Erfahrungen als Kind und Jugendlicher sowie die Geschichte des eigenen Überlebens beschreibt. Friedländer kritisierte mehrfach die Perspektive, unter der die Schoa in Kunst und Literatur dargestellt und in der Geschichtswissenschaft beschrieben wird (u.a. in Kitsch und Tod. Der Widerschein des Nazismus. Frankfurt am Main 1984).

Er betonte stets, dass die Situation der einzelnen verfolgten Jüdinnen und Juden dabei von zentraler Bedeutung sein müsse. Wie diese in eine zusammenhängende Geschichtsschreibung integriert werden kann, zeigt Friedländer in seinem zweibändigen Werk Das Dritte Reich und die Juden (Bd.1: Die Jahre der Verfolgung 1933–1939. München 1998; Bd. 2: Die Jahre der Vernichtung 1939–1945. München 2006). Für dieses Standardwerk wurde er 2007 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2008 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Während der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag 2019 anlässlich des Jahrestags der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945 forderte er als Gastredner die Bundesrepublik Deutschland auf, weltweit gegen nationalistische und demokratiefeindliche Tendenzen, gegen Rassismus und Antisemitismus zu kämpfen und sich uneingeschränkt für Freiheit und Menschlichkeit zu engagieren.