Lernnacht zum Novemberpogrom

Kontinuitäten rechtsextremer Gewalt und zeitgenössische Kunst

4. November 2021: Das Jüdische Museum lädt am Dienstag, 9. November 2021 von 20.30 – 23.00 Uhr zur alljährlich stattfindenden Lernnacht.

Die Lernnacht zum reichsweiten Novemberpogrom von 1938 ist eine wiederkehrende Veranstaltung des Jüdischen Museums Frankfurt seit seiner Eröffnung am 9. November 1988. In diesem Jahr thematisiert sie die Kontinuitäten rechtsextremer Gewalt, die sich etwa in dem Anschlag auf die Synagoge von Halle am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur gezeigt haben. Den Nachhall dieses Akts rechtsextremen Terrors, bei dem zwei Menschen ermordet wurden, thematisiert die Soundinstallation "After Halle" von Talya  Feldman. Die Lernnacht beginnt mit der Vorführung der Videoarbeiten "Elegy" von Talya Feldman und "This Makes Me Want to Predict the Past" von Cana  Bilir-Meier, umfasst ein Gespräch mit den Künstlerinnen sowie die Eröffnung dieser Soundinstallation, die fortan ein Jahr lang in der Dauerausstellung zu sehen sein wird.

Die Soundinstallation "After Halle" der Künstlerin Talya Feldman

"After Halle" ist eine 10-Kanal-Soundinstallation, in der die Stimmen von Überlebenden aus der Synagoge von Halle zu hören sind. Die Arbeit setzt Melodien in Szene, die am Tag des Angriffs während des Gottesdiensts gesungen wurden, und untersucht die Narben, die dieser Gewaltakt bei den Überlebenden hinterließ. Im wiederholten Summen der Melodien klingt nicht nur das traumatische Geschehen nach, sondern bildet sich zugleich ein Widerstand aus, der Überlebende wie Zuhörerende zu schützen vermag. Jede Stimme ist einzeln aus einem an der Wand hängenden Lautsprecher zu vernehmen. 

Die Rahmen, in die diese Lautsprecher eingefügt sind, verweisen auf die Zeichen und Codes der Triage. Diese medizinischen Regeln und Farben kategorisieren den Behandlungsbedarf von Patientinnen und Patienten und bilden die Grundlage von medizinischen Entscheidungen in Krisensituationen. Die Installation verbindet diesen Entscheidungscode mit der Fragilität der Stimmen aus den Lautsprechern. 

Die Medienkünstlerin Talya Feldman, geboren 1990 in Denver / Colorado (USA), studierte an der School of the Art Institute of Chicago, lebt und arbeitet derzeit in Hamburg. Als Überlebende des Anschlags setzt sie sich mit ihren Arbeiten und Projekten sowohl gegen rechtsextreme Narrative zur Wehr und widmet sich zugleich der Stärkung von Widerstandsfähigkeit und Solidarität unter den Betroffenen von rassistischer und antisemitischer Gewalt. In diesem Jahr erhielt sie für ihre Installation „The Violence We Have Witnessed Carries a Weight on Our Hearts”, in der sie die Kontinuitäten rechten Terrors in Deutschland von den 1980er Jahren bis heute thematisiert, den Dagesh-Kunstpreis.

Die Videoarbeiten "Elegy" von Talya Feldman und "This Makes Me Want to Predict the Past" von Cana Bilir-Meier

Die Lernnacht beginnt mit einer Einführung durch die Direktorin des Museums, Prof. Dr. Mirjam Wenzel. Anschließend wird die Videoarbeit „Elegy“ von Talya Feldman präsentiert, die eine tänzerische und zugleich poetische Reflexion der Nachwirkungen des Anschlags von Halle vornimmt. Die darauf gezeigte Videoarbeit „This Makes me Want to Predict the Past“ von Cana Bilir-Meier setzt sich mit dem ebenfalls rechtsextremistisch motivierten Anschlag in einem Münchener Einkaufszentrum aus dem Jahr 2016 auseinander, bei dem neun Jugendliche mit Migrationshintergrund ermordet und fünf weitere angeschossen wurden. Cana Bilir-Meier, geboren 1986 in München, lebt und arbeitet in Wien und München, setzt sich in ihrer Arbeit kritisch mit sozialer, kultureller, emotionaler und struktureller Teilhabe und Gleichberechtigung von Migrantinnen und Migranten an der deut-schen Gesellschaft auseinander.

Im Gespräch mit der Stellvertretenden Direktorin, Dr. Eva Atlan, werden die beiden Künstlerinnen über die Videoarbeiten und ihre künstlerische Praxis sprechen. Die Kuratorin für jüdische Kulturen der Gegenwart, Sara Soussan, führt abschließend die Soundinstallation "After Halle" von Talya Feldman ein. 

Um vorherige Anmeldung zur Veranstaltung wird gebeten: besuch.jmf@stadt-frankfurt.de. gebeten. Es werden ausschließlich geimpfte oder genesene Personen zur Veranstaltung zugelassen. (2-G-Regel). Kosten: 5 € / ermäßigt 2,50 €

Medienvertreterinnen und Medienvertreter können sich anmelden unter: theresa.gehring@stadt-frankfurt.de

Pressebilder

Foto der Installation "After Halle". Foto: Odessa Nomadic (Download JPG)
Foto der Installation "After Halle". Foto: Odessa Nomadic (Download JPG)

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