In unversöhnlichen Positionen kulminierte die öffentliche Debatte, nachdem im Frühjahr 1987 im Frankfurter Börneplatz umfangreiche Reste des ehemaligen Ghettos ausgegraben worden waren. Bürgerinitiativen, wissenschaftliche und kulturelle Institutionen, die Kirchen sowie die Jüdische Gemeinde forderten den Erhalt sämtlicher Funde an Ort und Stelle. Die Stadt dagegen udn die Stadtwerke bestnden auf dem Neubau eines Kundenzentrums, dem ien Großteil der ergrabenen Ruinen zum Opfer fallen sollte. Mit der polizeilichen Räumung des Ausgrabungsgeländes und dem Abräumen der historischen Fundamente setzte die Stadt gewaltsam ihren Kompomißvorschlag durch, im untergeschoss des Neubaus einen Teilausschnitt des Ghettos im Rahmen einer Dependance des Jüdischen Museums zu rekonstruieren. Die vorangegangenen erbitterten Kontroversen aber hatten mehr zutage gefördert als aktuelle Missverständnisse und Interessensgegensätze: Der sogenannte Börneplatz-Skandal erwies sich als Ergebnis und Eruption eines Jahrzehnte währenden Prozesses kollektiver Verdrängung, kollektiven Vergessens und unterschwelliger Ressentiments. Das ungeklärte, seit Nazidiktatur und Holocaus traumatisch besetzte Verhältnis zwischen deutschen Juden und Nichtjuden stand zur Debatte und dirigierte das Handeln aller Beteiligten.
163 S.
Hrsg. von Georg Heuberger
Frankfurt am Main: Jüdisches Museum
1992
ISBN: 978-3980212557
Preis: 5,00 Euro